Bundespräsident Heinz Fischer hat sich gegen ein "Abriegeln" der Brennergrenze ausgesprochen. Zwar müsste man den Binnen-Grenzkontrollen "umso mehr Aufmerksamkeit widmen ... je größer der Zustrom der Flüchtlinge nach Österreich" sei, erklärte Fischer am Mittwoch vor dem Europarat in Straßburg. "Aber die Worte 'Dichtmachen', 'Sperren', 'Abriegeln' oder Ähnliches sind nicht angebracht."

Denn weder könne noch wolle sich Österreich von Italien oder Deutschland abriegeln: "Wir wollen wissen, wer unsere Grenzen überschreitet, aber nicht das Rad der Geschichte zurückdrehen", sagte der Bundespräsident. Bereits zuvor hatte er im Gespräch mit der italienischen Nachrichtenagentur ANSA die Bedeutung einer offenen Brennergrenze betont: "Es ist absolut in meinem Interesse, dass der Fluss von Menschen und Waren über den Brenner erhalten bleibt und auch funktioniert", das sei "essenziell für Europa."

Bitte um Verständnis

Allgemein warb Fischer um "Verständnis" für die österreichische Asylpolitik, etwa die Einführung der Obergrenzen. Weder könnten die "fast 800.000 Flüchtlinge, die allein im zweiten Halbjahr 2015 unkontrolliert unsere südlichen und südöstlichen Staatsgrenzen überschritten haben" ein Dauerzustand sein, noch der Umstand, "dass die Zahl der Asylanträge in Österreich im Jahr 2015 höher war als die Gesamtzahl der Geburten in diesem Jahr".

60 Jahr-Jubiläum

Fischer äußerte sich aus Anlass der 60-jährigen Mitgliedschaft Österreichs im Europarat auch zum Konflikt zwischen der Ukraine und Russland. Explizit wandte er sich dabei gegen einen möglichen NATO-Beitritt der Ukraine. Eine Politik, die dies herbeiführen wolle, würde "für Europa, für die Ukraine und für Russland in Summe mehr Nachteile als Vorteile bringen", so der Bundespräsident.

Der Europarat wurde 1949 gegründet und hat heute 47 Mitglieder, darunter auch die Ukraine und Russland. Er beschäftigt sich vorrangig mit Fragen der Menschenrechte, der Demokratie und der Wahrung des Rechtsstaates.