Die EU-Staats- und Regierungschefs haben am Donnerstag in Brüssel offiziell die Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit Bosnien-Herzegowina beschlossen. Das teilte EU-Ratspräsident Charles Michel auf der Online-Plattform X (früher: Twitter) mit. „Euer Platz ist in der europäischen Familie“, schrieb Michel.

„Die heutige Entscheidung ist ein bedeutsamer Schritt auf eurem Weg in die EU. Nun muss die harte Arbeit fortgesetzt werden, damit Bosnien-Herzegowina laufend weiterkommt, wie euer Volk es will“.

Feuerpause im Nahen Osten gefordert

Zudem fordern die EU-Staats- und Regierungschefs mit Blick auf den Krieg in Gaza „eine sofortige humanitäre Feuerpause, die zu einem dauerhaften Waffenstillstand führt“. Das teilte EU-Ratspräsident Charles Michel am Donnerstagabend ebenfalls auf der Online-Plattform X (früher: Twitter) mit. Der Europäische Rat sei „entsetzt über den beispiellosen Verlust ziviler Leben und die kritische humanitäre Situation“.

Die EU-Spitzen fordern zudem „die bedingungslose Freilassung aller Geiseln und die Bereitstellung von humanitärer Hilfe“. Die Hamas und „andere bewaffnete Gruppen“ müssten „sofort einen humanitären Zugang zu den verbleibenden Geiseln“ ermöglichen, was Österreich explizit gefordert hatte.

Die EU-Staatschefs rufen Israel auf, von einer Bodenoffensive in Rafah abzusehen, die „die bereits katastrophale humanitäre Situation verschlimmern würde“ und die Bereitstellung von humanitären Hilfsleistungen „verhindern“ würde.

Der Europäische Rat zeigt sich weiters „schwer betroffen über die katastrophale humanitäre Lage im Gazastreifen und seine unverhältnismäßigen Auswirkungen auf Zivilisten, vor allem Kinder, und die unmittelbare Gefahr einer Hungersnot aufgrund des unzureichenden Zugangs von Hilfe in den Gazastreifen“. Die EU-Staats- und Regierungschefinnen und -chefs fordern daher einen „vollständigen, schnellen, sicheren und ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe“.

Beitrittsgespräche mit Bosnien beschlossen

Österreich, in Brüssel durch Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) vertreten, gehört zu den stärksten Befürwortern einer schnelleren EU-Integration Bosniens. Einige EU-Staaten hatten im Vorfeld aber Bedenken angemeldet, weil das Land noch nicht alle geforderten Reformen umgesetzt hat.

Aus Österreich gratulierten umgehend Europaministerin Karoline Edtstadler und Außenminister Alexander Schallenberg (beide ÖVP). „Sie sind Teil der europäischen Familie, die EU ist ohne den Westbalkan nicht vollständig. Jetzt ist es wichtig, den Kurs beizubehalten und den ehrgeizigen Reformkurs fortzusetzen. Sie können auf die anhaltende Unterstützung Österreichs zählen!“, twitterte Edtstadler. „Dies ist eine wohlverdiente Belohnung für Ihren Reformwillen und Ihren Mut. Wir werden Sie weiterhin auf diesem Weg unterstützen!“, versicherte Schallenberg auf X (ehemals Twitter).

Weg für Verwendung russischer Vermögen für Waffen frei

Die EU-Staats- und Regierungschefs haben sich in der umstrittenen Frage, die Erträge aus eingefrorenen russischen Vermögen für Waffen- und Munitionskäufe zur Verteidigung der Ukraine heranzuziehen, auf eine weitere Vorgehensweise geeinigt. Der EU-Gipfel fordert den Rat laut Schlussfolgerungen dazu auf, auf Basis der Vorschläge des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell weiterzuarbeiten. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hatte sich vor dem Ratstreffen noch skeptisch gezeigt.

Borrell hatte am Mittwoch vorgeschlagen, dass die EU 90 Prozent der Zinsgewinne eingefrorener russischer Vermögensgüter für den Kauf von Waffen für die Ukraine über die Europäische Friedensfazilität verwende. Zehn Prozent sollten in den Wiederaufbau der Ukraine und in die Stärkung der Kapazitäten der ukrainischen Verteidigungsindustrie fließen. Die Ukraine soll auch von einer EU-Verteidigungsstrategie profitieren, die u. a. mehr gemeinsame Militäreinkäufe vorschlägt.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte in seiner Videoansprache an die EU-Spitzen, „der Aggressor sollte den höchsten Preis für den Krieg zahlen“. Es sei „nur fair, wenn sowohl die Gewinne aus den russischen Vermögenswerten als auch die Vermögenswerte selbst“ der Unterstützung und dem Wiederaufbau der Ukraine und „zum Teil dem Kauf von Waffen zur Beendigung des Terrors dienen“.

Orban gratulierte Putin zum Wahlsieg

Zuvor gab es auf dem Gipfel Irritationen, nachdem der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban Kreml-Chef Wladimir Putin zu dessen umstrittener Wiederwahl gratuliert hatte. EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola sagte: „Ich würde keine Gratulationen austauschen.“ Unter Putin sei Russland illegal in ein anderes Land einmarschiert.

Außerdem erinnerte Metsola an die „Ermordung“ des russischen Oppositionellen Alexej Nawalny und an die jüngste russische Präsidentenwahl, die „weder frei noch fair“ gewesen sei.

Der ungarische Staatssekretär für Regierungskommunikation Zoltán Kovács teilte am Donnerstag auf X mit, Orban habe Putin nach den offiziellen Wahlergebnissen zu seiner Wiederwahl gratuliert. Er habe außerdem festgestellt, „dass die auf gegenseitigem Respekt basierende Zusammenarbeit zwischen Ungarn und Russland wichtige Diskussionen auch in schwierigen geopolitischen Kontexten ermöglicht“.

Beschluss unterlaufen

Orban unterläuft damit einen Beschluss der EU-Außenminister. Die EU-Staaten übten in einer gemeinsamen Erklärung scharfe Kritik am Ablauf der Präsidentenwahl in Russland. Zugleich kündigten sie wegen der Einbeziehung von besetzten ukrainischen Gebieten auch Konsequenzen an. Die sogenannten Wahlen auf der Krim sowie in Teilen der Gebiete Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson stellten demnach einen weiteren offensichtlichen Verstoß Russlands gegen das Völkerrecht dar. Außerdem werde die Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine bedroht, hieß es in dem am Montag vom EU-Außenbeauftragten Josep Borrell veröffentlichten Text. Die Wahlergebnisse würden niemals anerkannt und seien null und nichtig.

Metsola sagte weiters, es sei notwendig, einen neuen europäischen Sicherheitsrahmen aufzubauen und die Ukraine weiter zu unterstützen. Dabei müsse die EU ihre Bemühungen beschleunigen und vom Reden ins Handeln kommen. „Die Ukraine agiert als Schild für uns.“

Außerdem sei es wichtig, dass ausstehende Gesetzesvorhaben wie das EU-Migrationspaket noch vor der Europawahl beschlossen werden, sagte Metsola. Das Paket sei zwar keine „Zauberlösung“, doch zeige es Populisten, dass Europa sehr wohl zu Lösungen fähig sei. Das EU-Parlament will darüber bei seiner nächsten Plenarsitzung im April abstimmen.