Im Nordwesten Nigerias haben Bewaffnete eine Schule angegriffen und nach Angaben von Anrainern und eines Lehrers mehr als 200 Kinder entführt. Sani Abdullahi, einer der Lehrer der Schule im Distrikt Chikun, sagte bei einem Besuch von Vertretern des Teilstaats, dass die Beschäftigten der Schule mit vielen Schülern hätten fliehen können, als die Täter am Donnerstag in der Früh angriffen und in die Luft schossen. Nach ihren Zählungen würden aber immer noch mehr als 280 Kinder vermisst.


„Zum jetzigen Zeitpunkt können wir noch nicht sagen, wie viele Kinder oder Schüler entführt worden sind“, sagte der Gouverneur von Kaduna, Uba Sani, am Donnerstag vor Reportern in Kuriga. „Kein Kind wird zurückgelassen werden.“ Polizei und andere Behörden machten keine Angaben zur Anzahl der Entführten. Oft wird die Anzahl der Opfer nach unten korrigiert, weil einige vor Angriffen fliehen und später nach Hause zurückkehren können.

In den vergangenen Jahren wurden bei Massenentführungen in den Regionen im Nordwesten und im Zentrum Nigerias Hunderte Schulkinder und Studierende verschleppt – auch in Kaduna. Nach Wochen oder Monaten in versteckten Waldlagern wurden fast alle nach Zahlung von Lösegeld freigelassen.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International verurteilte die Entführungen in Kaduna und rief die nigerianischen Behörden zu Schritten zur Verhinderung von Angriffen auf Schulen auf. „Schulen sollten Orte der Sicherheit sein, und kein Kind sollte zwischen seiner Bildung und seinem Leben wählen müssen“, erklärte die Organisation im Onlinedienst X.

Präsident versprach Besserung

Entführungen sind ein großes Problem in Nigeria. Neben den Jihadisten im Nordosten hat der bevölkerungsreichste Staat Afrikas mit kriminellen Banden im Nordwesten und Gewalt zwischen Gemeinden im Zentrum des Landes zu kämpfen. Präsident Bola Ahmed Tinubu war im vergangenen Jahr mit dem Versprechen gewählt worden, etwas gegen die schlechte Sicherheitslage in Nigeria zu tun. Kritikern zufolge hat sich seither jedoch nicht viel getan.

Ende Februar war es bereits im nordöstlichen Teilstaat Borno zu einer Massenentführung von Binnenvertriebenen gekommen. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen wurden dabei mehr als 200 Menschen verschleppt. Eine genaue Zahl der Entführten war auch in diesem Fall nicht bekannt.

Seit 2014 haben die islamistische Terrormiliz Boko Haram sowie kriminelle Gruppen zahlreiche Frauen und Kinder im Norden des bevölkerungsreichsten Landes Afrikas mit rund 220 Millionen Einwohnern entführt. Dabei geht es entweder um die Erpressung von Lösegeld, Zwangsrekrutierung in bewaffnete Gruppen oder sexuelle Gewalt. Vor fast genau zehn Jahren, im April 2014, sorgte die Entführung von 276 Schülerinnen aus ihrem Internat in der Stadt Chibok für weltweites Entsetzen. Viele der Mädchen sind noch immer vermisst.