Über sechs Millionen Touristen besuchen jedes Jahr den Pariser Eiffelturm, drei Viertel von ihnen kommen aus dem Ausland. Damit ist der Eiffelturm die weltweit meistbesuchte Sehenswürdigkeit. La dame de fer, die eiserne Dame, wie er in Frankreich genannt wird, ist der Stolz der Stadt, er ist das Monument, das man weltweit mit Paris verbindet.

Doch seit einigen Tagen stehen enttäuschte Touristen vor verschlossenen Toren im winterlichen Dauerregen. GRÈVE, Streik, steht auf einer großen Tafel. Mehrere Dutzend Angestellte der Betreiberfirma streiken seit Montag, um auf Misswirtschaft, eine „unhaltbare Haushaltsplanung“ hinzuweisen und vor dem schlechten Zustand des Bauwerks zu warnen: Der Eiffelturm rostet.

Wer in jüngster Zeit die 674 Stufen bis zur zweiten Etage erklommen hat, konnte sich ein Bild davon machen. Wer diese Gelegenheit verpasst hat, kann sich in den sozialen Netzwerken ein Bild machen, die gerade mit Fotos von verrosteten Pfeilern und Streben geflutet werden. Memes zeigen den fragilen Turm, wie er in der Mitte durchbricht und umstürzt.

Gustav Eiffels Empfehlung wird ignoriert

„Der Eiffelturm ist vor fast 14 Jahren das letzte Mal gestrichen worden, normalerweise muss er alle sieben Jahre renoviert werden“, so Denis Vavassori im Radiosender „Franceinfo“. Der Gewerkschafter beschreibt, wie der Rost an dem Turm nage. Gustave Eiffel persönlich hatte empfohlen, den Turm alle sieben Jahre zu streichen. Wenn das berücksichtigt würde, könne er tausend Jahre halten, so seine Vorhersage. Jedes Mal sind 60 Tonnen Farbe für den Anstrich nötig. Streit gab es in der Vergangenheit höchstens über den Farbton.

Die Beschäftigten werfen der Betreiberfirma und der Pariser Stadtverwaltung vor, die Zahlen der Besucher und der Einnahmen überschätzt, im Gegenzug die Kosten der Renovierung viel zu niedrig angesetzt zu haben. Während der Covid-Pandemie habe man Ticketeinnahmen in Höhe von rund 130.000 Millionen Euro verloren, rechnen die Gewerkschafter vor. In derselben Zeit explodierten die Renovierungskosten um etwa dieselbe Summe, weil Blei in den alten Farbschichten entdeckt wurde. Der ganze Turm müsse deshalb komplett abgebeizt werden, bislang sind drei Prozent der Fläche geschafft. Durch die strengen Vorschriften im Umgang mit Blei bedeute das eine Kostenexplosion um den Faktor zehn, rechnet Gewerkschafter Stéphane Dieu vor. „Der Rost bedeutet nicht, dass der Eiffelturm morgen zusammenbricht“, so Dieu, aber man stünde an einer Wegkreuzung: „Wenn wir den Turm langfristig erhalten wollen, müssen kolossale Kosten eingeplant werden.“

„Melkkuh Eiffelturm“

Während die Stadt Millionensummen aus dem Verkauf der Eintrittskarte einstreiche, spare sie an der Instandhaltung, so die Streikenden, die um die Gesundheit der Betreiberfirma fürchten. Die Stadt sei von einer „kurzsichtigen Rentabilitätssucht um jeden Preis“ geleitet, so der Vorwurf der Gewerkschafter. Eines ihrer Protestplakate zeigt Bürgermeisterin Anne Hidalgo beim Melken des Turms: „Melkkuh Eiffelturm“ steht darüber.

Die Stadtverwaltung hat 99 Prozent der Anteile der „Société d’Exploitation de la tour Eiffel“ (Sete) und hat angekündigt, die jährliche Pflichtabgabe an die Stadt von acht auf 50 Millionen Euro zu erhöhen. Gleichzeitig plant das Rathaus, den Eintrittspreis noch vor den Olympischen Spielen um 20 Prozent auf 30 Euro zu erhöhen. 2015 mussten Besucher 17 Euro bezahlen.

Streik während der Olympischen Spiele?

Für die Lage verantwortlich gemacht wird vor allem Bürgermeisterin Hidalgo, die die Pariser Kassen trotz diverser Steuererhöhungen leer gewirtschaftet und die Schuldenlast der Stadt auf zehn Milliarden Euro verdoppelt hat. Fünf Monate vor Eröffnung der Olympischen Spiele sind der verrostete Eiffelturm und der Streik Negativwerbung für Paris. Weil sich die Stadt bislang stur stellt, drohen die Gewerkschaften, ihre Aktion während der Spiele fortzusetzen, wenn 15 Millionen Touristen in Paris erwartet werden. Immerhin sollen bis dahin die Außenseiten des Eiffelturms frisch gestrichen sein.

Schlechte Werbung vor den Spielen ist auch die Kriminalität am Fuß des Eiffelturms. Auf dem Marsfeld ist im vergangenen Jahr erst eine brasilianische, Wochen später eine britische Touristin vergewaltigt worden. Im Januar erstatteten die Eltern eines siebenjährigen Mädchens Anzeige wegen sexueller Belästigung. Während der Tourismusverantwortliche der Stadt sagte, Hütchenspieler und illegale Souvenirverkäufer gehörten „irgendwie zum Stadtbild“, empörte sich die konservative Senatorin Agnès Evren über die Zustände. Die Gegend habe sich in den „Wilden Westen“ verwandelt.