Wieder einmal soll sich ein Video-Sondergipfel mit gemeinsamen Maßnahmen der Mitgliedsländer beschäftigen – der Zeitpunkt erscheint passend, blickt man auf die Unstimmigkeiten, die gerade Deutschland mit Österreich, aber auch Tschechien und der Slowakei auslöst.

Deutschland hat soeben die Kontrollen zu Österreich (Tirol) und Tschechien bis zum 3. März verlängert, ebenso wie die Slowakei handelt es sich bei diesen Zonen aus der Sicht Deutschlands um „Viruswarngebiete“. Der deutsche EU-Staatsminister Michael Roth berief sich am Rande des EU-Ministerrats, der den Gipfel vorbereitet, auf geltendes EU-Recht im Einklang mit den Schengen-Regeln. Bei der EU-Kommission sieht man das freilich anders, sie übermittelte am Montag ein Schreiben an Michael Clauß, den deutschen EU-Botschafter in Brüssel, in dem sie auf Rücknahme der strengen Maßnahmen drängte. Dorn im Auge sind unter anderem Unverhältnismäßigkeiten, etwa dass es keine Ausnahmen für Familien gibt oder das auch Lkw-Fahrer auf der Durchreise einen Test brauchen. "Wir glauben, dass das nachvollziehbare Ziel Deutschlands - der Schutz der öffentlichen Gesundheit in einer Pandemie - durch weniger restriktive Maßnahmen erreicht werden könnte", heißt es in dem Brief, auf den Deutschland innerhalb von zehn Tagen antworten muss. Also nach dem 3. März.

Dass die Kommission rechtliche Schritte gegen Deutschland einleitet, ist unwahrscheinlich. Sie ist in solchen Zusammenhängen noch nie gegen ein Mitgliedsland vorgegangen, zumal ja die Hoffnung groß ist, dass der Anlassfall bis zu einer allfälligen Klärung sowieso schon längst Geschichte ist. Nicht nur Deutschland hat in Brüssel Unmut erregt, ähnliche Schreiben gingen auch an Belgien, Dänemark, Schweden, Finnland und Ungarn.

Ton ist rauer geworden

Mittlerweile ist der Ton aber rauer geworden. Der deutsche Innenminister Horst Seehofer (CSU) betonte, es gehe nur um Mutationsgebiete. "Vielleicht sind wir mal noch froh, dass wir das gemacht haben." Man könne nicht den Menschen in Deutschland große Einschränkungen auferlegen und dann "mutierte Viren ungebremst" ins Land lassen. "Wir haben keinen einzigen Grenzübergang geschlossen", so Seehofer. Das sei anders als noch bei der letzten Runde coronabedingter Kontrollen. Tschechen, Österreicher, Slowaken und Italiener hätten ihrerseits Teststationen eingerichtet, um größere Rückstaus zu verhindern, "so dass das ein schönes Zusammenspiel Europas ist".

Allgemein ist man, vielleicht auch angesichts des bevorstehenden Gipfels, trotz der harschen Worte um Beruhigung bemüht. "Wir sehen Bewegung bei der deutschen Regierung, um zu einem Konsens zu kommen", sagte Kommissions-Vizepräsident Margaritis Schinas. Innenkommissarin Ylva Johansson war da etwas direkter, sie erinnerte daran, dass auch Deutschland sich an die gemeinsam getroffenen Vereinbarungen zu halten habe: "Wir können nicht eine Situation haben, in der ein Mitgliedsstaat etwas zustimmt und es dann nicht befolgt." Europaministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) hatte zuvor erklärt, die Situation im Streit mit Deutschland um die verschärften Einreiseregelungen für Tirol habe sich "entspannt".