Eine Protestaktion von Gegnern der Chatkontrolle
Eine Protestaktion von Gegnern der Chatkontrolle © cven CC-BY-4.0

Durchgeführt hat die Umfrage das renommierte britische Institut Savanta. In Auftrag gegeben wurde sie von der internationalen Kinderschutzorganisation ECPAT. Die Organisation ist seit Langem eine Verfechterin eines Gesetzesentwurfs der EU-Kommission zum Schutz vor sexuellem Missbrauch von Kindern; bei Kritikern ist der Entwurf unter dem Namen "Chatkontrolle" berüchtigt. Der Entwurf sieht vor, dass Anbieter von Messenger-Diensten wie etwa WhatsApp dazu verpflichtet werden sollen, die Nachrichten ihrer Nutzer automatisch auf Inhalte von Kindesmissbrauch zu prüfen. In Verdachtsfällen sollen dann die Behörden alarmiert werden. "Man kann sich das vorstellen wie einen Spürhund, der anschlägt, wenn er etwas findet. Am Ende steht dann immer noch ein Mensch, der das genau überprüft", sagt Astrid Winkler, Chefin von ECPAT Österreich.Sicherheitsforscher und Internetaktivisten laufen hingegen Sturm gegen das Vorhaben: Der Entwurf werde an unausgereifter Technik scheitern, öffne aber die Tür für massenhafte Überwachung, kritisierten erst im Juli mehr als 300 Forscherinnen und Forscher aus dem Bereich der Datensicherheit. So könnten KI-Systeme den Zusammenhang von Bildern schwer erkennen: Ist es ein Foto der Eltern, das ihr nacktes Kind beim Badeurlaub zeigt oder tatsächlich eine Darstellung von Missbrauch? In den falschen Händen könnten die Überwachungswerkzeuge wiederum etwa dazu genützt werden, Oppositionelle zu kontrollieren, kritisieren die Forscher.

Die KI-Systeme könnten entsprechend kalibriert werden und wenn eine Regierung die Opposition überwachen wolle, könne sie das schon jetzt, hält dem Winkler entgegen, sagt aber auch: "Es ist kein Gegeneinander zwischen Datenschutz und Kinderschutz. Man wird sich da sicher an einen Tisch setzen und eine Lösung finden können."

Die Innen- und Justizminister der EU werden bald wieder zusammentreffen. Dann sollte auch eine Entscheidung über den Gesetzesentwurf der Kommission fallen. Nach dem Fall Teichtmeister wurde in Österreich erst vor Kurzem ein Kinderschutzpaket auf den Weg gebracht. Bei der sogenannten "Chatkontrolle" stand Österreich aber, gemeinsam mit Deutschland, bisher auf der Bremse. Auf Anfrage der Kleinen Zeitung werden vom Justizministerium grundrechtliche Bedenken gegen eine "verpflichtende, anlasslose Massenüberwachung" ins Treffen geführt. Österreich werde erst zustimmen, "wenn die Kommission einen grundrechtskonformen Vorschlag vorlegt".