Es ist wahrscheinlich passend, dass der Prozess um einen Schauspieler zum Spektakel ausartet. Auftritt Florian Teichtmeister (43). Und zwar morgen Dienstag um 9.45 Uhr. So soll der lang erwartete Prozess wegen des Besitzes und der Herstellung von Missbrauchsdarstellungen eröffnet werden. Soll, denn so weit waren wir auch im Februar schon einmal, bevor im letzten Augenblick wegen Erkrankung des Angeklagten der Gerichtstermin abberaumt werden musste.

Die Bühne ist die größte, die das Straflandesgericht Wien – nur einen Steinwurf vom Burgtheater entfernt – zu bieten hat: der große Schwurgerichtssaal. Man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass das Haus gut gefüllt sein wird. Aber genießen wird der (frühere) Burgschauspieler Teichtmeister das Theater um seine Person und seinen wohl letzten Auftritt vor großem Publikum und den Kameras der Berichterstatter aus dem In- und Ausland kaum.

Es ist der vorerst letzte Akt dieses Schauerstückes, das die Republik in Atem hält und sogar zur zeitgemäßen Neuformulierung und zur Verschärfung der Missbrauchsparagrafen führte. Die kommt für den Angeklagten zeitlich aber zu spät.

Teichtmeister hat gestanden

Der erste Akt soll schon im Februar 2008 mit ersten Sammelbildern begonnen haben. Als Teichtmeister dann im Vorjahr nach langem, fast ohrenbetäubend leisem Gemunkel und einem umso heftigeren häuslichen Disput schließlich aufflog und seine Taten eingestand, da fanden die Ermittler Zehntausende Dateien mit verbotenem Material auf zwei Smartphones, zwei Laptops, einem Desktop und externen Festplatten.

Als die Vorwürfe öffentlich wurden, da war er wegen seiner nicht wegzuleugnenden pädophilen Neigung bereits in Behandlung. Über Nacht war seine Karriere am Theater, im Kino und im Fernsehen Geschichte.

Die Prozessverschiebung hat dem Angeklagten übrigens nicht gutgetan: Ein vom Gericht beauftragter Gutachter hatte dadurch Zeit, herauszuarbeiten, dass Teichtmeister in den unvorstellbaren 23 Terabyte-Daten 34.696 Dateien verändert hat. Das heißt, er hat sie bearbeitet, Collagen, Diashows und Videosequenzen angefertigt. Das ist rechtlich als "Herstellung" zu qualifizieren und erhöht den Strafrahmen auf drei Jahre Haft. Rund 47.000 von insgesamt etwa 76.000 Dateien betreffen unmündige Minderjährige (unter 14), der Rest mündige Minderjährige (14 bis 18).

Der Gerichtspsychiater, der morgen zu Wort kommt, geht von Zurechnungsfähigkeit aus. Gleichzeitig bestehe aber eine "schwerwiegende und anhaltende psychische Störung". Da die Tat mit mehr als einem Jahr bestraft werden kann, gilt sie als geeignete Anlasstat, um im Fall einer Verurteilung zusätzlich die Einweisung in ein forensisch-therapeutisches Zentrum zu ermöglichen. Bis vor Kurzem sagte man noch plumper: "Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher". Gemildert hat der Angeklagte diese Gefahr dadurch, dass er bereits (freiwillig) monatelang in Behandlung ist. Wird ihm das – auch im Prozess – nützen? Wird das Publikum um seine Sensation gebracht und die Öffentlichkeit – zumindest teilweise – ausgeschlossen, weil auch Opfer und Täter Rechte haben?

Die Urteilsverkündung als letzter Vorhang

Für Spannung ist gesorgt. Und die hat sich in den letzten Monaten stetig aufgebaut: Zuerst wurde der Angeklagte beim "Nobelitaliener" gesichtet, was im Boulevard zu Schnappatmung und Quotenrasen führte. Dann zeigte der ORF trotz Teichtmeister-Bann versehentlich einen alten Krimi mit ihm in einer Nebenrolle und "bedauerte". Rechte Parteijunker schlossen sogleich messerscharf, der ORF zahle womöglich mit, wenn er in Nobellokalen die Rechnung begleicht. Und zuletzt meinte der Burgtheater-Direktor, er würde ihm "zuerst eine knallen", wenn er Teichtmeister träfe. Mancher Kommentar lässt sich wohlwollend gerade noch mit branchenüblicher Theatralik erklären.

Anderes nicht. Am Samstag zog ein Protestzug an Teichtmeisters Wohnhaus vorbei. Ungustiöses Motto: "Teichtmeister, wir kommen!" Die Forderung: "Pädokriminelle" sollten in einer Art Transparenz-Datenbank-Pranger öffentlich einsehbar aufgelistet werden.

Gegen 13 Uhr soll der Vorhang fallen. Teichtmeisters Strafe wird ganz unabhängig vom Urteil des Gerichtes lebenslang andauern.