Bei einer Schwerpunktprüfung hat die Volksanwaltschaft 123 Einrichtungen in allen Bundesländern besucht und mit 1.511 Bewohnerinnen und Bewohnern gesprochen. Daraus ging hervor: 80 Prozent der Menschen, die in Alten- und Pflegeheimen leben, leiden an Schmerzen. Unwissenheit beim Personal herrsche rund um das Thema assistierter Suizid. Viele der Betroffenen sind sich gar nicht bewusst darüber, dass sich Schmerzen eigentlich vermeiden ließen oder halten diese für normal – man gebe dem hohen Alter die Schuld. Schmerzen, die zu lange nicht behandelt werden, könnten chronisch werden.

Eine aufmerksame Beobachtung der Pflegebedürftigen ist unerlässlich, erklärt Volksanwalt Bernhard Achitz (SPÖ): „Schmerzen müssen sofort behandelt werden. Das ist nur möglich, wenn sie auch rechtzeitig erkannt werden.“ Besonders bei älteren Menschen mit Demenz oder kognitiven Beeinträchtigungen ist das Risiko nicht zu unterschätzen, dass Schmerzen übersehen werden könnten: „Wenn Menschen ihre Schmerzen nicht äußern können, kann das auch zu Gewalt führen“, so Achitz und, dass man wisse, dass „80 Prozent der Menschen in dem Alter Schmerzen haben.“ Und Schmerzen, die nicht erfasst werden, können auch nicht behandelt werden.

Kaum Schmerzmanagement

Laut Achitz und der Pflegewissenschafterin Esther Kirchberger gibt es auch viele Einrichtungen, die nicht das gesamte Spektrum des Schmerzmanagements einsetzen. In einem Viertel der Heime gab es keinerlei Schmerzmanagement und es wurden auch keine Maßnahmen zu Erkennung und Prävention angewendet. Auch gibt es kaum Fortbildungen zum Thema Schmerz. Vielen der Heime sei es auch nicht bewusst, dass sie „kein Schmerzmanagement haben“, erklärte Kirchberger. Heutzutage sei die Schmerzversorgung aber so gut, dass sich diese in vielen Fällen vermeiden ließen, das verlange auch die Europäische Charta der Patientenrechte. 

Schmerzen müssen systematisch und standardisiert erfasst werden, forderte Achitz. Doch gerade bei Demenzkranken oder anderen kognitiven Einschränkungen ist ein standardisiertes Schmerzmanagement notwendig. Bei diesen Fällen dauert es oft länger, bis herausgefunden wird, wie groß der Schmerz tatsächlich ist.

Die Volksanwaltschaft empfiehlt, personenunabhängige Suchtmittelnotfalldepots per Gesetz zu erlauben. Diese würden Notfallmedikamente beinhalten, die verhindern könnten, dass Bewohner ins Spital gebracht werden oder dass mit ihrer Behandlung gewartet werden muss, bis ein Arzt verfügbar ist. Eigens ausgebildete „Pain Nurses“ helfen in speziellen Fällen. Schmerzmittel sollten auf die jeweilige Situation verschrieben werden.

Die Schwerpunktprüfungen zeigten, dass es kaum Möglichkeiten für den assistierten Suizid gibt. Es mangele an geschulten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und das, obwohl der Entschluss zum assistierten Suizid akzeptiert werden muss. Auch in kirchlichen Pflegeheimen muss der Zugang zum assistierten Suizid gewährt werden, das wurde vom Verfassungsgerichtshof festgehalten, erklärte Achitz. Dennoch gibt es eine Reihe an kirchlichen Pflegeheimen, wo im Heimvertrag darauf hingewiesen wird, dass es dafür keine Unterstützung geben würde.

Schulungen für den Palliativbereich

Besser sieht es im Palliativbereich aus. Es wird bestmöglich versucht, die Gegebenheiten in der Sterbephase bestmöglich zu gestalten. In beinahe allen untersuchten Heimen wurde darauf geachtet, dass die Bewohnerinnen und Bewohner in ihrer gewohnten Umgebung sterben können. Schon seit 2004 gebe es ein Projekt, um Heimmitarbeiter in Palliativversorgung zu schulen, fast 20 Jahre später habe man allerdings nur in 20 Prozent der Einrichtungen geschulte Mitarbeiter vorgefunden. Als Gründe für die Verzögerung würden etwa die Corona-Pandemie oder der Personalmangel in der Pflege genannt – „darunter leidet die Palliativversorgung“, sagte Achitz.

Kirchberger forderte: „Fortbildungen und Informationsveranstaltungen mit Experten zum Sterbeverfügungsgesetz und zum assistierten Suizid sollten unbedingt weiterhin stattfinden, um Unsicherheiten und Unwissenheit des diplomierten Pflegepersonals zu bereinigen.“