Der Hochzeitstag von Gundula B. (40) und Hamza U. (26) wurde letzten Samstag binnen weniger Momente von einem Traum zu einem Albtraum. Nur wenige Augenblicke bevor sich das Liebespaar am Standesamt Bad Vöslau das Ja-Wort geben konnte, unterbrachen mehrere Beamte der Fremdenpolizei die Zeremonie und teilten dem gebürtigen Türken mit, dass er festgenommen sei. Er wurde ins Polizeianhaltezentrum Hernalser Gürtel in Wien gebracht. Am Dienstag wurde er mit dem Flieger abgeschoben. Dort erwartet ihn laut Anwalt Gregor Klammer der Militärdienst, die Einberufung sei schon erfolgt, „ihn zwei Wochen muss er hin“.

Klammer übt harsche Kritik am Vorgehen der Behörden: „Die Vorgehensweise ist illegal.“ Hätten Gundula und Hamza wie geplant den Bund der Ehe geschlossen, wäre der Kurde nach EU-Recht in Österreich aufenthaltsberechtigt gewesen. „Das wollte das BFA offenbar mit aller Macht verhindern“, meint Klammer. Er habe nach der Festnahme Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingereicht. Darin weise man auf einen ähnlichen Fall hin, im Zuge dessen das Vorgehen der Behörde für rechtswidrig erklärt wurde. „Die Polizei hätte nicht eingreifen dürfen“, ist Klammer überzeugt. Denn Heiraten sei erlaubt und es handle sich um keine Scheinehe. Im Schubhaftbescheid stehe nicht einmal etwas von der Partnerin drin, das belege, dass die Behörde nur die Ehe verhindern wollte und das sei illegal.

BFA spricht von 13 Festnahme-Versuchen

Das BFA argumentiert: Es liege ein rechtskräftiger Ausweisungsbescheid zugrunde, man habe 13 Mal versucht, Hamza zu fassen, er habe sich entzogen und sei untergetaucht. Im Rahmen des Asylverfahrens habe der Betroffene „keinerlei Angaben zu seiner beabsichtigen Verehelichung oder einer bestehenden Partnerschaft“ gemacht. Generell habe der 26-Jährige behördliche Anordnungen missachtet und sei seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen.

Anwalt Klammer hält dagegen, das sei nicht relevant, es gelte Europäisches Unionsrecht. Mehr dazu hier. Außerdem stimme es nicht, dass man 13-mal versucht habe, seinen Mandanten festzunehmen, so Klammer. „Mitte November 2023 konnte die Polizei Hamza nicht antreffen, sein Onkel erhielt die Mitteilung, dass er sich melden sollte.“ Hamza sei dann zur Polizeistation und habe sich ein Schriftstück zur Rückkehrberatung abgeholt. Ein Mitarbeiter der Anwaltskanzlei habe dann mit dem BFA telefoniert und dort habe man zugesagt, das Ergebnis der Revision abzuwarten. Die Revision sei dann am 3. Jänner negativ erledigt worden, zehn Tage vor der geplanten Hochzeit, der Termin sei schon fix gewesen. Vonseiten des BFA habe es ab diesem Zeitpunkt keinen Kontakt mehr gegeben. Auch Hamzas Verlobte, Gundula B., betont: Man habe sie niemals befragt, Hamzas Arbeitsplatz sei bekannt gewesen, genauso wie ihre Meldeadresse auch.

Video zeigt Szenen

Auf einem Handyvideo, das auch der Kleinen Zeitung vorliegt, ist die Festnahme bei der Trauung zu sehen. Ein Beamter erklärt darin, dass Hamza um 8.52 Uhr verhaftet sei und mitkommen müsse. Er führt weiter aus, dass sie damit nicht bis nach der Eheschließung warten könnten.

Hamzas Verlobte reagiert im Video sichtlich geschockt und meint, dass sie ein Recht darauf habe, zu heiraten. Ihr wird zugestimmt, allerdings mit dem Zusatz, dass das nicht heute passieren würde. Nachdem ihr Verlobter festgenommen wurde, „habe ich nur geweint und geschrien“, sagt Gundula B. im Gespräch mit der Kleinen Zeitung. Ihre Schwester sei kurz darauf mit ihr in die psychiatrische Notaufnahme gefahren, sie nehme seit Samstag Medikamente zur Beruhigung. Vor eineinhalb Jahren habe sie Hamza U. kennengelernt: „Ich habe sein Grinsen gesehen und gedacht, ich kenne ihn schon immer.“ Sie und Hamza haben im selben Wiener Lokal gearbeitet, sie als Kellnerin, er als Koch. Gundula B. lebt als gebürtige Deutsche seit 17 Jahren in Wien, Hamza U. sei seit eineinhalb Jahren hier in Österreich. Im Sommer habe das Paar beschlossen, zu heiraten. Zehn Tage vor dem Termin am Standesamt sei dann der negative Asylbescheid gekommen. „Ich habe es erst nicht verstanden, da waren auf einmal ganz viele Männer“, erinnert sich Gundula B. an die Szene im Trauungssaal zurück. „Das ist einfach nur sadistisch“, kritisiert sie das Vorgehen der Behörden scharf. Sie sei davor nie zu ihrem Verlobten und der Beziehung zu ihm befragt worden, so die 40-Jährige. „Wir sind beste Freunde und Liebhaber, wir können zusammen weinen, lachen, bei ihm fühle ich mich geborgen“, sagt die 40-Jährige. Anwalt Klammer sagt, dass nun eine Eheschließung in der Türkei samt anschließendem Antrag auf eine Familienzusammenführung in Österreich geplant sei.

Tatsächlich gab es bereits ähnliche Fälle in Österreich, in denen ein ausländischer Bräutigam kurz vor der Eheschließung verhaftet wurde und in Schubhaft kam. 2019 wurde ein Mann aus Gambia im Salzburger Schloss Mirabell an seinem Hochzeitstag verhaftet.