Die aktuelle Covid-Welle dürfte langsam abflauen, dafür baut sich nun die jährliche Influenza-Welle merkbar auf. Rund 2000 Personen werden derzeit in österreichischen Spitälern wegen schwerer Atemwegserkrankungen versorgt, davon 400 in der Steiermark und 150 in Kärnten. Das ist weit entfernt von den Höchstwerten während der Pandemie – viel ist es dennoch.

Fast vergessen ist, dass es auch schon vor 2020 während Grippewellen temporär volle Stationen, Gangbetten und Personalengpässe gegeben hat - obwohl sich Österreich vergleichsweise viele Spitalsbetten leistet. „Wir haben Infektionskrankheiten bisher unterschätzt“, sagt der Gesundheitsökonom Thomas Czypionka vom Institut für Höhere Studien (IHS), der nun eine erste, grobe Berechnung der volkswirtschaftlichen Kosten der Atemwegserkrankungen vorgelegt hat.

Dazu ließ sich das IHS die Krankmeldungen sämtlicher viraler und bakteriellen Infektionen von der Gesundheitskasse ÖGK eigens auswerten. Rund 45 Prozent aller Krankenstände sind demnach auf Atemwegserreger zurückzuführen. „Das hat mich selbst überrascht“, sagt Czypionka. „Und die Pflegefreistellungen sind da noch gar nicht enthalten.“

Die volkswirtschaftlichen Kosten beziffert der Ökonom auf etwa vier Milliarden Euro jährlich – konservativ gerechnet. So seien Vorleistungen und Ausfälle von Selbständigen nicht inkludiert, ebensowenig Ausgaben im Gesundheitssystem für die Behandlung dieser Erkrankungen. Vor allem Covid birgt durch seine hohe Ansteckungskraft das Risiko größerer Cluster, die im Extremfall auch zu Produktionsstopps führen können.

Sanitätsrat gefordert

Gerade Großbetriebe hätten dieses Risiko längst erkannt und entsprechende Stabstellen eingerichtet. Dies empfiehlt Czypionka auch der Politik. So könnte etwa der Oberste Sanitätsrat eine Fachgruppe für einen Post-Pandemie-Plan einrichten, rät der Forscher. Lufthygiene in speziellen Räumlichkeiten, etwa in Schulen und Kindergärten, könnte insgesamt die systemische Belastung durch Atemwegsinfekte reduzieren.

Der bisherige Umgang sei generell nicht mehr passend für eine älter werdende Gesellschaft, findet Czypionka. So hat sich etwa die Zahl der Hochbetagten über 75 Jahren seit den 1960ern verdreifacht. Ein wachsender Teil der Bevölkerung sei zudem von chronischen Erkrankungen betroffen, bei denen die Gefahr schwerer Verläufe bei Infektionen erhöht ist. Auch die in Österreich niedrige Impfrate bei Covid und Grippe spielt eine Rolle. Eine verbesserte ärztliche Versorgung in Pflegeheimen und Hausbesuche bei erkrankten älteren Personen könnte viele Spitalsaufnahmen verhindern, so der Forscher.