Ihr erster, durchaus legendärer Auftritt beim Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos ist mittlerweile bereits drei Jahre her. Eine damals 16-jährige Klimaaktivistin namens Greta Thunberg wandte sich mit drastischen Worten an die Mächtigen und Reichen, die in das Schweizer Bergdorf gereist waren: „Ich möchte nicht, dass ihr hoffnungsvoll seid. Ich möchte, dass ihr in Panik geratet. Ihr sollt die Angst spüren, die ich jeden Tag spüre. Und ich möchte, dass ihr handelt. Dass ihr so handelt wie in einer Krise. Ich möchte, dass ihr so handelt, als wenn unser Haus brennen würde. Denn es brennt bereits.“ Aus dem brennenden Haus ist seit damals ein nicht enden wollender Flächenbrand geworden. Zu der von Thunberg adressierten Klimakrise haben sich Pandemie, Ukraine-Krieg, Ernährungskrise, Teuerungswelle etc. gesellt. Eine düstere Kulisse für das Hochamt der globalen Eliten und des Kapitalismus – und all das, was bisher bei dem noch bis Donnerstag dauernden Weltwirtschaftsforum zu hören war, klingt auch eher düster.

Rund 1000 multinationale Unternehmen und Konzerne mit einem Umsatz von mehr als fünf Milliarden Euro sind Mitglieder des WEF. Sie alle sind konfrontiert mit einer ins Stocken geratenen Globalisierung, unterbrochenen Lieferketten bei Rohstoffen oder Mikrochips, Versorgungsengpässen, protektionistischen Initiativen. Statt wie sonst die Globalisierung, den Freihandel zu beschwören, die Wohlstand und Wachstum für alle Menschen bringt, ist man jetzt mit Tendenzen in Richtung Deglobalisierung konfrontiert. Die globalen „Vordenker“ wirken angesichts all dieser Herausforderungen mit ihrem Latein ziemlich am Ende - Weltuntergangsstimmung und Ratlosigkeit scheinen in Davos vorzuherrschen.

Zum Auftakt ging man deshalb auf Nummer sicher und bot dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj via Video-Schalte aus Kiew die Bühne. Ein gewohntes Bild: Im olivfarbenen T-Shirt und mit kämpferischen Worten beschwor Selenskyj die internationale Gemeinschaft, forderte noch mehr Waffen für die Ukraine und noch härtere Sanktionen für Russland. Die ehemaligen Boxstars Vitali und Wladimir Klitschko werben vor Ort um Unterstützung für ihr Heimatland Ukraine. Auch das Gastgeberland musste sich im Blick-Interview Kritik von Wladimir anhören. "Wenn sie passiv danebensteht und beobachtet, hat sie auch Blut an ihren Händen“, sagte er angesichts der neutralen Haltung der Schweiz.

Für Superlativen muss in Davos aber auch in diesem Jahr Platz sein. Beispiel gefällig? „Das wird die beste Weltmeisterschaft aller Zeiten und sie wird die arabische Welt und die gesamte Welt vereinigen!“, prophezeite ein gewisser Giovanni Vincenzo Infantino in einem Panel zum Thema „Sport als verbindende Kraft“. Der Präsident des Weltfußballverbandes FIFA pries die Fußball-WM, die vom 21. November bis 18. Dezember im arabischen Emirat Katar ausgetragen wird, in höchsten Tönen. Er rechnet mit weltweit fünf Milliarden Zuschauerinnen und Zuschauern – so viele wie noch nie. Unwidersprochene Selbstbeweihräucherung. Kritik an seinem Land bezeichnete der Emir von Katar, Tamim bin Hamad Al Thani, als „Diskriminierung“. Manche würden einfach nicht akzeptieren, dass „ein arabisch-muslimisches Land“ die Fußball-WM ausrichte, so seine Erklärung. Das Emirat sponsort nicht nur das Weltwirtschaftsforum, sondern soll auch nach wie vor islamistische Terrororganisationen unterstützen. Die FIFA wird Ball und Rubel noch rollen lassen, wenn ihr Haus längst in Vollbrand steht.

Einen produktiven Dienstag wünscht