Leitartikel „Die Teilzeit-Republik“, 28. 4. „Dieser Abgesang auf den Standort ist grob fahrlässig“, 29. 4.

Im Leitartikel stellen Sie den Trend zu Teilzeit wirtschaftlichen Interessen gegenüber, eine durchaus notwendige Diskussion. Im Rahmen dessen unterstellen Sie aber indirekt, die heutige Generation sei weniger leistungsbereit als jene vor ihr. Das möchte ich entschieden zurückweisen. Meine Frau und ich haben mehrere Kinder. Vor 30, 40 Jahren wäre ich zu 100 Prozent arbeiten gegangen, meine Frau hätte sich um Kinder und Haushalt gekümmert. Heute, sind wir beide zu 75 Prozent in Teilzeit und teilen uns die Familienarbeit auf. In Summe erwirtschaften wir also um 50 Prozent mehr als im Vergleichsmodell. Dabei sind wir an unserer Belastungsgrenze, die Tage haben oft zu wenige Stunden, um alles unterzubringen, was erledigt gehörte. Von fehlender Leistungsbereitschaft also keine Rede.

Zudem möchte ich auf einen weiteren Aspekt verweisen, der oft übersehen wird: Auch die Generationen vor uns haben eine Work-Life-Balance, nur lautet diese 45 Jahre arbeiten, 15-20 Jahre Pension. Mit der notwendigen Erhöhung des Pensionsalters wird es das für uns nicht mehr spielen. Wir werden möglicherweise erst mit 75 Jahren in Pension gehen und ob unsere Gesundheit dann noch viele Aktivitäten zulässt, ist mehr als fraglich. Wir laufen sinnbildlich einen überlangen Marathon – es mag einige geben, die unbedingt gewinnen wollen, aber der Großteil von uns will einfach nur ins Ziel kommen. Dazu müssen wir mit unseren Kräften haushalten. Alles andere führt zu einem Schaden – für uns selbst genauso wie für den Staat.
Gunther Weirum, Graz

Weitere Leserbriefe zum Thema

Kompetenz

Bei Wortspenden, die manche Politiker – besonders in Wahlkampfzeiten –- liefern, stellt sich zu recht die Frage, wie es wohl um deren Kompetenz zum Thema steht. Nun hat also Frau Edtstadler eine 41-Stunden-Woche ins Spiel gebracht. Im Gegensatz zu Herrn Babler, der vehement die 32-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich fordert. Bei Frau Edtstadler nehme ich ja noch an, sie wollte damit nur ausdrücken, dass beim – in vielen Branchen – herrschenden Arbeitskräftemangel nicht weniger, sondern mehr Arbeit zu leisten wäre. 

Dass eine Verkürzung der Arbeitszeit kommen wird, steht für mich außer Frage; aber nach Branchen unterschiedlich und nicht generell auf 32 Stunden bei vollem Lohnausgleich, wie sich Herr Babler das vorstellt. 
Dkfm. Wolfgang Zak, Feistritz i. R. 

Teilweise vernünftig

Von der Industriellenvereinigung und teilweise von ÖVP-Seite wurden zuletzt Ideen lanciert, dass man in Zukunft auch mehr als 40 Stunden wöchentlich arbeiten sollte. Nun, teilweise ja vernünftig, da die Arbeitszeit in Österreich im internationalen Vergleich ja eher niedrig ist! Man sollte aber nicht generell mehr Arbeitszeit verlangen, sondern in bestimmten Bereichen oder Industrien, wo die internationale Konkurrenz besonders groß ist, wäre eine gewisse „Flexibilität“ von Vorteil und da könnten „spezielle“ Regeln unter Einbeziehung der Sozialpartner getroffen werden.

Und außerdem würde Mehrarbeit ja auch das große Manko des Arbeitskräftemangels etwas entschärfen!
Manfred Waldner, Fulpmes

Kein Anreiz

Solange jemand, der Vollzeit arbeitet, in der Stunde netto weniger ausbezahlt bekommt als jemand, der Teilzeit arbeitet, wird es keinen Wandel in der Arbeitswelt geben. Ein Beispiel: Ein Angestellter, 40-Stunden-Woche, bei einem Brutto 3.000 EUR pro Monat erhält in der Stunde 12,41 Euro netto, ein Angestellter mit einer 20-Stunden-Woche, Brutto 1500 EUR pro Monat, erhält in der Stunde 14,70 Euro netto. Jemand, der weniger arbeitet, wird mit höherem Netto-Stundenlohn belohnt.

Da nützt es auch nichts, wenn die Politik über steuerfreie Überstunden oder Ähnliches nachdenkt, jeder, der mehr arbeitet, wird bestraft. Solange das Abgabensystem so aufgebaut ist, wird es keinen Wunsch der Dienstnehmer/innen geben, mehr zu arbeiten.
Gernot Rieger, MBA, Nestelbach

Mehr Gerechtigkeit

Wie kommt ein durchschnittlicher Einkommensbezieher über die Runden? Wie geht es unserem System der sozialen Sicherheit, wenn der den sozialen Frieden sichernde Sozialstaat zunehmend infrage gestellt wird? Die verschrienen Lohnnebenkosten sind Beiträge zur Absicherung bei Krankheit, Unfall und Alter, Arbeitslosengeld, Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie Abfertigungen. Eine von Unternehmerseite betriebene Kürzung dieser Sozialbeitragsbeiträge führt nicht zu einer Entlastung der Beschäftigten, sondern zur Erhöhung der Unternehmergewinne. Die aktuellen Begehrlichkeiten bewirken, dass immer mehr Steuergeld direkt an die Unternehmungen verteilt wird. Die Finanzierungsstruktur unseres Sozialstaates ist daher unter Beachtung dieser Gemengelage zu diskutieren.

Eine Reform des Lohn- und Sozialdumpinggesetzes ist längst fällig. Unehrliche Unternehmen verursachen durch fragwürdige Geschäftsmodelle enorme Kosten für den Sozialstaat. Dem Fiskus und der Sozialversicherung entgehen pro Jahr bis zu 500 Millionen Euro allein durch Schwarzarbeit. In Zeiten einer immensen Teuerung leisteten im vergangenen Jahr Arbeitnehmer 47 Millionen unbezahlte Mehr- oder Überstunden: ein Lohnraub in Milliardenhöhe. Demzufolge gestalten sich die Lohnverhandlungen konfliktanfälliger, immer mehr Berufsgruppen sind zu Arbeitskämpfen gezwungen. Dafür werden Superreiche in Österreich verschont, Einkommen aus Arbeit wird laut einer Studie des Momentum-Instituts stärker besteuert als Einkommen aus Vermögen.
Gerhard Hausenblas, Klagenfurt