Leserbrief zu „Eine erhobene ‚weiße Fahne‘ bedeutet nicht, dass das Sterben vorbei ist“, 10. 3. und Morgenpost: „Der Papst im politischen Minenfeld“, 13. 3.

Bei seiner Aussage, dass die Ukraine die weiße Fahne hissen sollte, um weiteres Blutvergießen im schon zwei Jahre währenden, von Wladimir Putin vom Zaun gebrochenen und auf bestialische Art und Weise geführten Krieg zu beenden, hat der Papst, wie viele andere, wichtige Einzelheiten vergessen oder auch einfach ausgeblendet. Die todbringende Saat wurde schon viel früher seitens Russlands gelegt. Vor zehn Jahren wurde die Krim völkerrechtswidrig besetzt. Eigentlich hat der Krieg schon damals begonnen.

Also, mit diesem Wladimir Putin soll die Ukraine in Friedensverhandlungen treten? Wo in den vergangenen zwei Jahren eine Reihe von westlichen Persönlichkeiten im Kreml an einem meterlangen Tisch Platz nehmen mussten, wie bei einer Audienz eines altertümlichen Despoten, um kurz darauf wie begossene Pudel unverrichteter Dinge wieder abzuziehen?

Das sind die Fakten. Und da versucht Papst Franziskus, der Welt einzureden, dass sich der „Zar“ des 21. Jahrhunderts auf Augenhöhe mit einer ukrainischen Delegation „großherzig“ auf einen Friedensschluss einigen wird, wenn die Ukraine nur ja die weiße Kapitulationsfahne hisst, natürlich nur zu für Russland günstigen Bedingungen, ukrainische Gebietsverluste inbegriffen! Blauäugiger geht‘s nicht mehr! Herbert Tischhardt, Leoben

Weitere Leserbriefe zum Thema

Aufschrei

Da gab es einen Aufschrei, als Papst Franziskus der Ukraine den Ratschlag übermittelte, die ukrainischen Volksvertreter mögen den „Mut zur weißen Fahne“ aufbringen! Ist Papst Franziskus ein Putin-Freund, ein Moskau-Verehrer – oder ist unser Papst nur ein guter Mensch, dem jeder Krieg zuwider ist? Ich glaube, dass niemand vorhersehen kann, wie sich der Krieg in der Ukraine entwickeln wird – gibt es Friedensgespräche oder kommt es zu einem dritten Weltkrieg?

Der Krieg in der Ukraine setzte Mechanismen in Gang, die weder vom Angreifer noch vom Angegriffenen noch von den Staatenlenkern, weder „auf der einen noch auf der anderen Seite“, vorher exakt kalkuliert werden konnten. Ich möchte nicht in der Haut der Politiker und Politikerinnen stecken, die die falsche Meinung vertreten, dass Waffenlieferungen in die Ukraine und Sanktionen gegen Russland den Krieg beenden werden. Ing. Hans Peter Jank, Villach

Warm anziehen

Mit dem Frieden verhält es sich so wie mit der Toleranz. Man schlage nach bei Sir Karl Popper unter Toleranzparadoxon. „Der Gscheitere gibt nach“ löst das Problem „Putin und sein Russland“ nicht. Im Gegenteil. Weil sich der, der meint, der Gescheitere zu sein, damit zum Schwachkopf macht. Bei aller Wertschätzung für die Person und Hochachtung für deren Bildung: Irgendwann im Alterungsprozess fängt man an, Konsequenzen nicht zu Ende zu denken. Das ist spätestens der Zeitpunkt, Ämter niederzulegen, um keinen Schaden anzurichten. Und auch, um den eigenen Ruf zu wahren. Dass das geht, ist bewiesen.

Schlimm ist es in den USA: Einer der beiden Kandidaten ist offensichtlich über diesen Punkt schon hinaus. Der zweite wird nicht mehr lange brauchen, um an diesen Punkt zu kommen. Vielleicht ist er schon dort, und wir merken es nicht. Wer immer der beiden die Wahl gewinnt, wird unter anderem Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte. Und ist am Drücker der Atomwaffen. Im Osten Putin. Im Westen das. Wir müssen uns wohl warm anziehen. Johannes Dornhofer, Wien

Preis für den Krieg

Der Papst hat die Lage richtig erkannt. Jeder Einsatz von Waffen, ob von Russland oder von der Nato, zerstört die Ukraine mehr. Mehr Häuser und Menschen werden vernichtet. Bisher haben sowohl die Ukraine als auch Russland nur verloren. Sie haben verloren an Wohlstand, Häusern und Menschenleben. Aber auch wir in der EU zahlen einen Preis für den Krieg. Inflation und der Verlust an Wohlstand ist unser Beitrag zum Krieg. Die Kriegsgewinner sind die Waffenfabriken in den USA, England und Deutschland. Sie haben kein Interesse am Frieden, denn sie verdienen Millionen.

Vierzehn Tage nach dem Einmarsch der Russen gab es Verhandlungen, und ein Vertrag zwischen der Ukraine und Russland war greifbar nahe. Nun, England und die USA haben Selenskyj Waffen versprochen und den Frieden verhindert. Russland kann die ganze Ukraine nicht besetzen. Andererseits, die Vertreibung der Russen aus der Krim wäre für die Russen so wie der Angriff der Japaner auf Hawaii. Die Folgen für Europa kann sich jeder selber ausrechnen.

Bleibt nur eines: verhandeln. Solange die Ukraine das nicht macht, werden weitere Ukrainer und Russen sterben. Verhandeln ist keine Schwäche, sondern Weisheit. Verhandeln ist der Versuch eine für beide Seiten akzeptable Lösung zu finden. Ein gegenseitiges Verteufeln nützt niemandem. Ein Waffenstillstand und Verhandlungen retten Leben und Wohlstand. Auch in Österreich. Wo bleibt die Friedensbewegung? Wo bleiben die Demos für Verhandlungen? Wo bleiben Politiker, die sich für Verhandlungen einsetzen? Hier hat der Papst recht. Gottfried Enenkel, Gratkorn

Den ersten Schritt setzen

Es ist Zeit, der Diplomatie eine Chance zu geben. Ein erster Schritt wäre eine Friedenskonferenz. Die Unterstützung von neutralen Vermittlern ist erforderlich, damit die Kriegsparteien miteinander reden. Vermittler haben die Aufgabe, Kompromisse auszuloten. Friedensverhandlungen sind erfolgreich, wenn Kriegsparteien Kompromisse finden, bei denen Ziele und Interessen annähernd erreicht werden. Kurt Gärtner, Oberst i. R., Wels