Málaga. Stadt der Träume in Südspanien. Durchgangsort für mich als Interrailerin, sagen wir lieber nicht vor wie vielen Jahren ... Auf zu den Stränden, hieß es damals. Wir fühlten uns wie die Kinder von Torremolinos, auch wenn das Buch, in dem James A. Michener beschrieb, wie junge Menschen aus aller Welt sich im idyllischen Fischerort nahe Málaga trafen, um ein freies, unbeschwertes Leben zu führen, auch damals schon locker zehn Jahre auf dem Buckel hatte.

Von Málaga sahen wir praktisch nur den Bahnhof. Was für ein Versäumnis! Dazu sollte es diesmal nicht kommen, obwohl Málaga auch diesmal nur der Startpunkt für eine Radtour durch Andalusien war.

Eintauchen ins Centro Historico, in die Altstadt, direkt vor dem Hotel. Nur fünf Minuten Fußmarsch trennen uns vom malerischen Gassengewirr. Gleich am Beginn: die Bodega "El Pimpi". Ein Muss für alle Tapas-Freunde, aber auch für Genießer der Cocktail-Stunde. Wer nur den Drink auf der Terrasse nimmt, genießt den Blick auf das Römische Theater. Aber er versäumt die in wunderbaren Farben gekachelten und begrünten Innenräume, die gestapelten Fässer, auf denen sich Antonio Banderas und Paloma Picasso mit ihrer Unterschrift in Kreide verewigt haben.

"El Pimpi" ist stolz auf das treue Publikum aus den Reihen der Künstler – Antonio Banderas signierte mit Kreide eines der Fässer
"El Pimpi" ist stolz auf das treue Publikum aus den Reihen der Künstler – Antonio Banderas signierte mit Kreide eines der Fässer © Gigler

Die Einarmige und der Mond

In Gehweite die Kathedrale, die "Einarmige", wie sie der Volksmund nennt – ihr fehlt der zweite Turm, dafür lockt ein Spaziergang über das Dach. Zu Fuß erreichbar auch der Hafen, sehr schick, die strahlend weiß überdachte Einkaufs- und Restaurantmeile. Eine Promenade bis zum alten Leuchtturm, dann der Strand. Palmen über Palmen, und dahinter der aufgehende Mond. Wer könnte sich der Romantik des Augenblicks entziehen, wer dem Zauber dieser Stadt, die abseits der Menschenmassen immer wieder mit Orten der Stille überrascht?

Es ist der Reiz der Details, aber auch die Wucht alles überragender Schönheit, die das Laute des Touristenrummels immer wieder jäh durchbricht. Nach dem Mond und den Palmen das Centre Pompidou, ein leuchtend bunter Würfel, in dem sich "Pariser Chic und spanisches Temperament verbinden", wie Reiseführer schwärmen. Erst 2015 eröffnet, ergänzt es den Reigen fantastischer Museen in Málaga. "Befreien Sie sich von den Fesseln des Alltags", heißt die aktuelle Sonderausstellung, die noch bis Oktober 2023 läuft, "Lebendige Bilder" eine andere.

Das Centre Pompidou von Málaga – eine Dependance des Pariser Kunsttempels
Das Centre Pompidou von Málaga – eine Dependance des Pariser Kunsttempels © imago images/Jerónimo Alba (Jerónimo Alba via www.imago-imag)

Picasso und Autos als Kunst

Tags darauf besuchen wir das Picasso-Museum. Der 500 Jahre alte typisch andalusische Bau ganz nahe dem Haus, in dem der Maler aufgewachsen ist, lässt uns eintauchen in seine Welt. Wer meint, "seinen" Picasso bereits zu kennen und zu lieben, gewinnt neue Eindrücke, weil das Museum auch Keramiken und Skulpturen des Universalgenies ausstellt.

Wer es einmal ganz anders mag: Das Museo Automovilistico y de la Moda im Süden des Zentrums ist in einer alten Tabakfabrik untergebracht (die Oper Carmen lässt grüßen). Autos sind Kunst, das ist die Botschaft: Rund 100 Oldtimer paaren sich hier mit 200 Haute-Couture-Stücken von Chanel, Dior und Co.

Picasso-Museum: ein 500 Jahre altes traditionell-andalusisches Gebäude nahe dem Geburtshaus des Künstlers. Es zeigt auch seine Keramiken und Skulpturen
Picasso-Museum: ein 500 Jahre altes traditionell-andalusisches Gebäude nahe dem Geburtshaus des Künstlers. Es zeigt auch seine Keramiken und Skulpturen © Imago images/ZUMA Wire (Lorenzo Carnero via www.imago-images.de)

Grüße aus der Vergangenheit

Zurück bei "El Pimpi", Pause diesmal in der Dachbar des Hotels "La Terazza" gegenüber, samt Blick auf die Alcabaza und das Römische Theater zu ihren Füßen. Jahrhundertelang lag das Theater unter der Erde begraben, heute erstrahlt es in seinem Glanz und überbringt die Grüße aus der Vergangenheit. Mit der Alcabaza, der Festungsanlage aus dem 11. Jahrhundert, erreicht uns der Zauber der maurischen Vergangenheit. Rote Gemäuer, umrankt von prächtig gedeihendem Grün – Vorboten einer noch größeren Pracht im rund 130 Kilometer entfernten Granada mit seiner Alhambra.

Von der Alcabaza aus sieht man auf den Gibralfaro, Festung hoch über der Stadt, per Bus erreichbar oder über einen Fußweg, vom nahen Hafen aus. Wer es bis dorthin geschafft hat, dem winkt als Belohnung ein Blick über ganz Málaga, den Hafen und das Meer. Bis hin zu den Luxus-Kreuzfahrtschiffen, die nach der Coronawelle schön langsam wieder Fahrt aufgenommen haben.

Die Festung Alcazaba und das Römische Theater
Die Festung Alcazaba und das Römische Theater © Imago images/Lamberto Jesús Luqu (Lamberto Jesús Luque via www.ima)

Kunst, Kauflust, Kulinarik

Kunst und Kultur, in Museen und auf der Straße – seien es bemalte Mauern, Kachelbilder in den Eingängen, Kunstwerke mitten in der Fußgängerzone oder vor den Bars, das ist Málaga. Shopping ohne Ende, im Sommer auch unter riesigen schattenspendenden Markisen über glänzenden Steinplatten, mit denen das Gassengewirr gepflastert ist, das ist Málaga.

Andalusische Küche in alle ihren Facetten, von Tapas über Paella, von traditionellen Gerichten aus Innereien über Gazpacho und Fischsuppe bis hin zu köstlichen Wildgerichten – oder auch nur frittierten Fischen an einer Chiringuito, einer Strandbar, das ist Málaga.

Kein Wunder, dass die sechstgrößte Stadt Spaniens bei der Wahl zur Stadt des Jahres 2022 durch die "Academy of Urbanism" – ganz knapp hinter Triest – auf Platz 2 gelandet ist.