Gerade im Urlaub ist ein kleiner Flirt schnell passiert. Man ist entspannt, fühlt sich weit von seinen Alltagspflichten entfernt und lernt einen netten Menschen kennen. In diesem Bereich gibt es allerdings viele Missverständnisse. Die Anwältin Susanna Perl-Lippitsch, Partnerin bei der Familienrechtskanzlei Gärner-Perl-Rechtsanwälte weiß aus der Beratungspraxis: „Viele Menschen wissen gar nicht, dass so ein Sommerflirt durchaus als Scheidungsgrund gelten kann.“ Dabei kommt es auf folgende Überlegungen an: 

  1. Der Urlaub ist keine Ausnahmesituation. Der Sommerflirt gilt als etwas Oberflächliches. Trotzdem kann er schwere Konsequenzen haben – bis hin zur schuldhaften Scheidung. „Das Argument, es sei nur eine Urlaubsentgleisung, ist vor Gericht irrelevant. Das gilt doppelt, wenn es schon öfter zu solchen Affären gekommen ist.“

  2. Ein Flirt muss nicht im Geschlechtsverkehr münden, um eine Eheverfehlung darzustellen. Ob etwa Küssen und Händehalten mit einer Urlaubsbekanntschaft für die Ehe unzumutbar sind, entscheidet in erster Linie der Ehepartner bzw. die Ehepartnerin, der/die dann die Option hat, deswegen die schuldige Scheidung einzureichen. In einem strittigen Verfahren entscheidet das Gericht, wie sehr das Flirtverhalten tatsächlich zur Zerrüttung der Ehe beigetragen hat. Vom Ausmaß der Eheverfehlungen hängt die Höhe der Unterhaltszahlungen ab. „Sie hat also direkte finanzielle Folgen für den Rest des Lebens“, betont die Juristin.

  3. Wurde man betrogen, hat man sechs Monate Zeit, um sich zu überlegen, ob man aufgrund dieses Fremdgehens die schuldige Scheidung einreichen möchte. „Das wissen die wenigsten: Man muss sich nicht sofort entscheiden“, sagt Perl-Lippitsch. „Um diese Option zu haben, darf man seinem Partner bzw. seiner Partnerin in diesen sechs Monaten aber auch nicht verzeihen.“ Das bedeute auch, dass man in diesem Zeitraum nicht mit seinem Partner den üblichen Geschlechtsverkehr haben dürfe, weil das vor Gericht als „verzeihen“ gewertet werde.

Allen, die ihre Partner bei einem Seitensprung erwischt haben, rät Perl, sich Zeit zu lassen und die Optionen genau zu überdenken. „Lassen Sie sich nicht vom Partner dazu drängen, zu vergeben und zu vergessen oder eine bestimmte Entscheidung zu treffen. Verletzte Gefühle zu haben und unsicher zu sein, ist in dieser Situation natürlich. Es ist wichtig, diesen Gefühlen Raum zu geben. Man kann vom Partner dafür durchaus Verständnis verlangen.“ Wer weitere Schritte plant, etwa eine Trennung, sollte diese zuerst mit einem Anwalt besprechen, bevor er sie dem Partner oder der Partnerin mitteilt. „Wir erleben es leider immer wieder: Wer im Zorn seine Scheidungsabsicht sofort verkündet, schadet sich damit in letzter Konsequenz selbst. Eine Rechtsberatung ist hier wesentlich“, sagt Perl-Lippitsch.