Um es gleich vorwegzuschicken: Dieses Mittagessen dauerte etwas länger als geplant. Zwischen dem ersten Pfiff Bier und dem letzten Pfefferminztee lagen rund sieben Stunden. Das lag zum einen an Florian Wörgötters Küche, die der Gault Millau neuerdings mit zwei Hauben auszeichnet. Zum anderen aber auch an der heimeligen Atmosphäre, die die gesamte Familie hier schafft. Und natürlich: Die Weinkarte mit gereiften Preis-Leistungs-Wundern sorgt auch dafür, dass man von hier einfach nicht mehr weg will.  

Herrlich aromatisch auch die Blunzn-Gyoza
Herrlich aromatisch auch die Blunzn-Gyoza © Lucas Palm

Sieben Stunden, da isst und trinkt man so einiges. Manches sogar zwei Mal. Einfach, weil man nicht genug davon bekommt. So geschehen bei den Blunzn-Gyozas, sprich: Blutwurst-Teigtascherln (15€ als Zwischendurch-Gericht, 22€ als Hauptgang). Sie schwimmen in einer herzhaft schaumigen Majoran-Sauce, in der die würzige, mit subtiler Schärfe abgeschmeckte Blutwurst-Füllung ihre ganze Kraft ausspielt. Das darunter liegende Sauerkraut fügt sich punktgenau in die übrigen Geschmacksbilder ein – und sorgt trotz der traditionellen Blutwurst-Sauerkraut-Kombi für einen süchtig machenden Überraschungseffekt.

Und genau der begegnet einem in vielen Gerichten hier wieder: Beim luftig leichten Beef-Tatar etwa, das unter anderem mit Sepia-Tinten-gefärbten Backerbsen garniert wird (16€, um zehn Euro mehr gibt es auch das als Hauptspeise). Oder dem genauso zarten wie angenehm bissfesten Stück Kohlrabi, das in einer großartig abgeschmeckten Kokosmilch mit Säurekick schwimmt – und mit Datteln und eingelegten Physalis (15€) harmoniert. Das Angebot an Hauptspeisen ist schön ausbalanciert: Gasthaus-Klassiker wie Backhendl, Wiener Schnitzel oder Cordon Bleu vom Vulkanschwein (das für Käsefetischisten ein bisschen mehr Käse vertragen würde) haben hier genauso ihren Platz wie Gerichte kreativerer Art.

Auf dem Punkt: das Beef Tatar
Auf dem Punkt: das Beef Tatar © Lucas Palm

Besonders hervorzuheben: Die selbstgemachten Erdäpfelgnocchis (22€) in der bemerkenswert einreduzierten Rahmsauce. Leichte Madeiranoten verleihen ihr Tiefe, vom großzügig darüber geriebenen Herbsttrüffel ganz zu schweigen. Dass Wörgötter in der Vergangenheit auch als Pâtissier tätig war, zeigt sich zu guter Letzt beim Dessert: einer himmlisch leichten Joghurtschnitte mit Sanddorn und Haselnuss (12€). Ob’s zum Schluss noch ein Schnaps sein darf? Ein Blick auf die leeren Weinflaschen genügt: Danke, nein. Dafür wirkt der Pfefferminztee Wunder. Und jetzt müssen wir heim. Der Abendservice beginnt.