40.000 bis 80.000 Österreicher leben mit den chronischen Darmerkrankungen Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn. Die Corona-Pandemie habe deren Herausforderungen zusätzlich verschärft, sagte Evelyn Gross, Präsidentin der Selbsthilfevereinigung ÖMCCV, bei einer Pressekonferenz am Dienstag in Wien. Dabei wurde eine Umfrage vorgestellt, die zeigte, dass sich die körperliche Lebensqualität eines Drittels der Patienten verschlechterte. Gross forderte mehr telemedizinische Angebote.

Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sind Autoimmunerkrankungen, die unter dem Begriff CED (Chronisch entzündliche Darmerkrankungen) zusammengefasst werden. Diese sind nicht heil-, aber behandelbar. Gekennzeichnet sind sie durch oft schubhafte, immer wiederkehrende oder dauerhafte Entzündungen des Verdauungstrakts. Diese äußern sich in Symptomen wie Durchfall, Blut im Stuhl und Magen- sowie Darmkrämpfen. Die Erkrankung ruft bei Betroffenen aber nicht nur Schmerzen hervor, sondern bedeutet einen Einschnitt in alle Lebensbereiche: durch psychische Belastung, Stigmatisierung, lange Krankenstände oder Probleme bei der Toilettensuche in der Öffentlichkeit.

Die negativen Auswirkungen der Pandemie

Vielfältige negative Auswirkungen hat auch die Corona-Pandemie, und CED-Patienten sind davon nicht ausgenommen. Nicht nur deren körperliche, sondern auch psychische Lebensqualität litt - das zeigte eine Befragung von 564 Betroffenen von Janssen Austria in Kooperation mit der Österreichischen Morbus Crohn-Colitis ulcerosa Vereinigung (ÖMCCV). Vier von zehn klagten über eine Verschlechterung der psychischen Lebensqualität, ein Fünftel über eine höhere Krankheitsaktivität und mehr als ein Viertel über Probleme, Ärzte zu erreichen oder Kontrolltermine wahrzunehmen. Auch setzten 14 Prozent der Betroffenen ihre Therapie ab, veränderten oder pausierten sie, ein Drittel davon ohne ärztliche Rücksprache. 83 Prozent sind gegen Corona geimpft.

Mehr telemedizinische Unterstützung

Die empfundene Verschlechterung der körperlichen wie psychischen Lebensqualität resultiere laut Gross in mehr sozialem Rückzug, zunehmender Stigmatisierung und zurückhaltenden Entscheidungen vor allem junger CED-Betroffener in Familienplanung und Job. Der Leiter der Gesundheitspolitik der AK Niederösterreich, Bernhard Rupp, sieht viele Menschen durch erkrankungsbedingte Entscheidungen aus dem Rennen um ein gutes und stabiles Leben geworfen. Soziale und finanzielle Nachteile wie Beschäftigungs- und Einkommenschancen, Arbeitslosigkeitsrisiko und Karriereentwicklung seien beeinflusst.

Patienten, die eine immunsuppressive- oder Biologikatherapie erhalten, hielt Alexander Moschen, Leiter der Arbeitsgruppe CED der Österreichischen Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie, dazu an, nicht auf Routinekontrollen zu verzichten. Gross wünscht sich von der Gesundheitspolitik mehr Förderung der Telemedizin, die laut Befragung auch mehr als die Hälfte der Patienten befürworten. Trotz Ressourcen-Verschiebung in Richtung Covid soll Schaden für chronisch kranke Menschen vermieden werden, sagten die Experten und Expertinnen.