Wir schreiben eine Inzidenz von etwas über 60 dieser Tage. Heute setzt das Land Öffnungsschritte, nach einem halben Jahr dürfen Lokale wieder aufsperren. Ist die Pandemie nun Geschichte? Die kurze Antwort lautet: Nein. Noch ist diese Pandemie nicht zu Ende. Aber mit Blick auf den Sommer wird sie sich wandeln, hin zu einer Endemie. „Das Virus wird endemisch“, ist ein Satz, den man dieser Tagehäufiger hört. Für uns als Gesellschaft bedeutet dieser Satz: Wir müssen mit dem Virus leben lernen.

Das Virus bleibt 

„Das Virus wird mit uns sein und sich im Jahresverlauf unterschiedlich gestalten“, sagt Eva Schernhammer (Zentrum für Public Health, MedUni Wien). Auch wenn es sich um unterschiedliche Viren und Erkrankungen handelt, der Vergleich mit der Influenza ist in diesem Zusammenhang zulässig: Es wird Wellen geben, denn das Virus wird weiter in der Gesellschaft zirkulieren.

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„Wir müssen als Gesellschaft überlegen, wie wir mit dieser endemischen Situation umgehen“, sagt Gerald Gartlehner, Epidemiologe an der Donau-Universität Krems. „Wir können die Schutzmaßnahmen nicht auf Dauer aufrechterhalten, es braucht nun Eigenverantwortung und Risikoabwägung.“ Das Risiko sich anzustecken, besteht. Es wird auch weiterhin bestehen. Lässt man sich impfen, senkt man dieses Risiko. Tut man es nicht, wird man sich über kurz oder lang mit Sars-CoV-2 infizieren.

Die Zahlen gehen zurück

Dass die Impfungen Wirkung zeigen, sieht man an der Belegung der Intensivstationen: Die Zahlen gehen zurück. Auch im Hinblick auf die Sterblichkeit ist eine Besserung zu erkennen. Und in den kommenden Wochen wird sich der Impfeffekt auf die Transmissionsfähigkeit des Virus massiv auswirken.


Peter Klimek, Komplexitätsforscher am Science Hub Vienna, erwartet einen moderaten Anstieg als Folge der Öffnungen. „Weil wir aber gleichzeitig impfen, dürfte dieser nicht zu stark ausfallen.“ Damit nicht eine ähnliche Situation wie im letzten Herbst entsteht, müssen die Zahlen weiter beobachtet werden. „Die große Frage ist: Unter welchen Umständen bilden sich Wellen, die das Gesundheitssystem gefährden, und wie gehen wir damit um“, so Klimek. „Bis jetzt waren wir – zurecht – im Krisenmodus, um das Gesundheitssystem nicht zu überlasten. Aber diese Gefahr wird durch die Impfungen geringer“, sagt Gartlehner.

Impfen wird weiterhin notwendig sein 

Drei Punkte sind es, die im Hinblick auf die Dauer dieser Pandemie entscheidend sind. Erstens, das Impfen: Ist das Tempo hoch, lassen sich viel Menschen impfen, kann es ein „Sommer wie damals“ werden und im Herbst droht kein neuer Lockdown mehr. Zweitens: Das Virus bzw. dessen Mutationen. „Sars-CoV-2 kann sich schnell verändern, das ist zu erwarten und normal“, sagt Monika Redlberger-Fritz, Virologin an der MedUni Wien. Was die Expertin allerdings nicht erwartet, ist, dass eine neue Variante die Wirkung der Impfstoffe gänzlich aufheben wird. „Wir werden die Vakzine anpassen müssen, aber sie werden nicht obsolet werden.“ Das bedeutet, Auffrischungsimpfungen werden notwendig sein. In welchem Abstand ist noch unklar, über den Sommer wird es hier mehr Erkenntnisse geben.


Drittens: Die Eigenverantwortung wird schlagend im Hinblick auf die Impfung, aber auch wenn es darum geht, Hygienemaßnahmen weiterhin zu beachten. „Bis in den Herbst sollten wir vorsichtig bleiben“, sagt Schernhammer. „Wenn etwa viele Personen auf engem Raum zusammenkommen, dann: Maske tragen.“

Neue Herausforderungen 

Stichwort Herbst. Für diesen gilt es Vorkehrungen zu treffen, um ein Szenario wie im Herbst 2020 zu verhindern. Schernhammer blickt etwa auf Kinder und Jugendliche, die noch ungeschützt sind. „Schulkinder sollten geimpft werden, bevor die Schule los geht oder durch eine Impfaktion zu Schulbeginn.“ Und es gilt die Auswirkungen der Pandemie im Auge zu behalten. Long Covid wird das Gesundheitssystem noch über Jahre beschäftigen. Betroffene brauchen Anlaufstellen. Es sind auch die sozialen Folgen, die nach der akuten Krisenphase, beachtet, sondern bekämpft werden sollten.

Das Virus wird bleiben, die Pandemie wird enden. Oder wie Gartlehner sagt: „Wir dürfen nicht leichtsinnig werden, aber ich denke, wir haben das Schlimmste überstanden.“