Etwas über eine Woche ist es her, dass jener tragische Todesfall einer Krankenpflegerin des LKH Zwettls bekannt wurde. Ihre Erkrankung wurde in „zeitlichen Zusammenhang“ mit der Impfung mit dem Vakzin von AstraZeneca gestellt. Noch konnte aber kein „kausaler Zusammenhang“ festgestellt werden. Was bedeutet: Es ist möglich, dass der Tod mit der Impfung in Zusammenhang steht. Es ist auch möglich, dass der Tod nicht mit der Impfung in Zusammenhang steht. Man weiß es schlicht und einfach noch nicht.

Quasi seit die ersten Daten zu dem Impfstoff von AstraZeneca öffentlich waren, hatte das Präparat ein schlechtes Image. Denn zuerst war es die vermeintlich niedrigere Wirksamkeit gegenüber der zuvor schon zugelassenen mRNA-Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna. Dies hat sich mittlerweile, nachdem mehr und mehr Daten zur Verfügung stehen, relativiert.

Die Sache mit der Wirksamkeit

Die Wirksamkeit von AstraZeneca übertrifft jene von Biontech/Pfizer in einer schottischen Studie, die auf Daten von mehr als einer Million Menschen basiert. Doch für die einzelne Person ist es relativ irrelevant, ob die Wirksamkeit bei 94 Prozent oder bei 85 Prozent liegt. Wieso? Dazu ist zu klären, was Wirksamkeit in Bezug auf einen Impfstoff bedeutet. Der Wirksamkeit liegt ein Vergleich zugrunde: In den Impfstoffstudien wird gemessen, wie viele geimpfte Testpersonen im Vergleich zu den ungeimpften Testpersonen erkranken. Dieser Unterschied wird in Prozent angegeben. Wenn also halb so viele Geimpfte krank werden wie Ungeimpfte, liegt die Wirksamkeit bei 50 Prozent.

Im Fall der in der EU zugelassenen Covid-Schutzimpfungen schützen alle vier Vakzine vor schweren Verläufen, auch jener von AstraZeneca. In Bezug auf Covid-19 bedeutet ein schwerer Verlauf die Notwendigkeit einer Einweisung in ein Krankenhaus. Und das ist das Ziel der Covid-Schutzimpfungen: Vor schweren Verläufen zu schützen, um das Gesundheitssystem nicht zu überlasten.

Thromboembolische Zwischenfälle und Impfstopps

Soviel also zur Wirksamkeit, kommen wir zu den Impfreaktionen und Nebenwirkungen, denn diese sind in Zusammenhang mit AstraZeneca unter genauester Beobachtung. Grundsätzlich ist zu sagen, Impfreaktionen sind nichts Außergewöhnliches und auch von zahlreichen anderen Impfungen bekannt. Bei allen bisher zugelassenen Vakzinen, so auch bei AstraZeneca, zeichnen die gängigen Impfreaktionen, wie Kopfschmerzen oder Fieber, ein ähnliches Bild wie die Zulassungsstudiendarüber haben wir hier berichtet.

Was uns nun zu den aktuellen Fällen bringt: In mehreren Ländern in der EU wird darüber berichtet, dass thromboembolischen Zwischenfälle in zeitlichem Zusammenhang mit der AstraZeneca-Impfung aufgetreten sind. Einige Länder haben daraufhin - wie auch Österreich - bestimmte Chargen des britisch-schwedischen Vakzins zurückgezogen. Einige mehr, wie Deutschland oder Dänemark haben einen kompletten, teilweise temporären, Impfstopp über AstraZeneca verhängt.

Zum Todesfall der Krankenpflegerin des LKH Zwettl hieß es am Dienstag vom Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG), dass die Obduktion noch ausstehe. Aufgrund der bekannten klinischen Daten sei ein kausaler Zusammenhang mit der Impfung nicht herstellbar, „da insbesondere thrombotische Ereignisse nicht zu den bekannten oder typischen Nebenwirkungen des betreffenden Impfstoffes zählen".

Rund zehn Millionen geimpft: Daten aus Großbritannien

Viele blicken auf die Daten aus Großbritannien, da auf der Insel rund zehn Millionen Menschen schon mit AstraZeneca geimpft wurden. Laut den bis dato vorliegenden Daten zur Covid-Impfkampagne, über die die Tageszeitung "Guardian" berichtete, wurden bis Ende Februar mehr Blutgerinnsel nach Impfungen mit der Biontech/Pfizer-Vakinen (38) gemeldet als nach Impfungen mit jenen von Astrazeneca (30), und in beiden Fällen sei die Anzahl nicht höher gewesen, als in der Bevölkerung allgemein zu erwarten gewesen sei.

Der Hersteller selbst sprach von 15 Vorfällen von sogenannten tiefen Venenthrombosen und 22 Vorfällen von Lungenembolien bei 17 Millionen Menschen, die bis dahin eine AZ-Impfung erhalten hatten. Diese Zahlen seien "viel niedriger, als es in der Bevölkerung allgemein auf natürliche Weise zu erwarten wäre".

Deutschland: Seltene Fälle von Hirnvenenthrombosen

In Deutschland hat die Impfkampagne am Montag aufgrund einer Empfehlung des Paul-Ehrlich-Instituts gestoppt. Begründet wurde das mit dem Auftreten sehr seltener Hirnvenenthrombosen oder Sinusvenenthrombosen im Gehirn. "Bis jetzt gibt es sieben berichtete Fälle, die in Zusammenhang mit einer solchen Hirnvenenthrombose stehen können oder auch stehen bei mittlerweile über 1,6 Millionen Impfungen in Deutschland“, sagte der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn am Montag. Wichtig ist an dieser Stelle festzuhalten: Hinweise, dass diese spezielle Art der Thrombosen mit der Impfung zusammenhängen, gibt es aktuell nicht. Aktuell untersucht die Europäische Arzneimittel Agentur die jeweiligen Fälle. Auch Daten aus Großbritannien werden evaluiert.

Am Dienstag sagte Emer Cooke (EMA), man würde alle Fälle im Detail prüfen, am Donnerstag sollten die Untersuchungen abgeschlossen sein. Aber Cooke wiederholte, dass die EMA überzeugt sei, dass es auch weiterhin sicher sei, den Impfstoff von AstraZeneca weiter zu verimpfen. Österreichs Gesundheitsminister Rudolf Anschober hat von der EMA eine klare Aussage eingefordert, das österreichische Impfgremium hat am Montag auch Empfehlung ausgesprochen, das AstraZeneca-Vakzin weiterzuverwenden. Die Leiterin der Impfabteilung im Gesundheitsministerium, Maria Paulke-Korinek, sieht keinen Grund, die anstehenden Impfungen abzusagen. Für sie hat der Impfstoff ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis.

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