Der Lichtmangel im Winter drückt nicht nur aufs Gemüt, sondern kann auch das Immunsystem und den Ausbruch und Verlauf der Multiplen Sklerose (MS) negativ beeinflussen. Wie sich Vitamin D in der Spätphase der Erkrankung auswirkt, haben Forschende der Med Uni Graz nun erstmals untersucht. In den Versuchen mit Ratten wurden jedenfalls gute Ergebnisse erzielt, teilte die Universität am Donnerstag mit.

Multiple Sklerose (MS) ist eine häufige entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, bei der die Myelinscheiden der Nervenzellen angegriffen und zerstört werden. Österreichweit geht man von rund 13.500 Betroffenen aus. Bereits in den 1960er-Jahren wurde erkannt, dass Menschen seltener an MS erkranken, wenn sie in Regionen mit starker Sonneneinstrahlung leben. Etwa gleich lange wird dem Vitamin D eine positive Wirkung bei der Autoimmunerkrankung zugeschrieben und ein Mangel des „Sonnenvitamins“ wird neben genetischen Risikofaktoren, Rauchen und oxidativem Stress als einer der möglichen Gründe für den Ausbruch der Erkrankung genannt.

Die Spätphase der MS

Einen typischen Krankheitsverlauf gibt es kaum. Die nach wie vor nicht heilbare Erkrankung des Zentralnervensystems lässt sich grob in eine entzündliche, schubhafte Frühphase und eine Spätphase - in der degenerative Prozesse überwiegen - einteilen. „Die Frühphase ist bereits gut erforscht und es steht eine Vielzahl an Medikamenten zur Verfügung. Bei der Spätphase ist das leider noch nicht der Fall“, hielt Michaela Tanja Haindl von der Grazer Uniklinik für Neurologie fest. Sie ist die Hauptautorin der jüngsten Studie, die in der Fachzeitschrift „Nutrients“ erschienen ist.

Haindl hatte mit ihrem Kollegen Muammer Üçal unter der Teamleitung von Sonja Hochmeister bereits ein Labormodell entwickelt, das die zellulären Merkmale der MS-Spätphase gut nachstellt. Anhand dieses Modells wurden in der jüngsten Studie die Auswirkungen von Vitamin D bei Ratten in der späten Phase der Erkrankung beobachtet. Insbesondere wurde die Wirkung auf die Gehirnrinde analysiert. Die Rattengehirne wurden mithilfe immunhistochemischer Marker untersucht.

Weitere Forschung notwendig

Dabei zeigte sich, dass bei Ratten, denen zusätzlich Vitamin D gegeben wurde, signifikant mehr zelluläre Strukturen erhalten blieben. Neben einem besseren Erhalt von Myelin und Nervenzellen, zeigte sich auch ein Rückgang von Zellen im Zerfallsprozess (Apoptose) und von Gewebsmakrophagen. Zugleich hatten sie signifikant weniger Neurofilament-Leichtketten im Blut. Diese gelten als Biomarker des Fortschreitens der MS.

Die vitaminbehandelten Tiere hatten zugleich deutlich mehr schützende Polyphenole und eine höhere Kapazität gegen oxidativen Stress (TAC). Da oxidativer Stress unter anderem als ein möglicher Auslöser und Verstärker der MS in Betracht gezogen werde, könnte die beobachtete Wirkung des Vitamin D durchaus Niederschlag in der weiteren Forschung finden, zeigten sich die Grazer Forschenden optimistisch. Betont wurde aber auch, dass es noch viel weiterer Forschungsarbeit bedürfe, denn andere Studien zeigen keinen Effekt von hochdosiertem Vitamin D bei Multipler Sklerose - wir haben hier darüber berichtet.