Ich wurde in München geboren, meine Eltern haben bei BMW gearbeitet. Was mir als Erstes in den Sinn kommt, sind viele kleine Wohnungen. Zurück in Wien haben wir zuerst bei meiner Oma im 2. Bezirk in der Malzgasse gewohnt: Zimmer, Küche, Kabinett – und das zu viert! Später im 14. Bezirk war es auch nicht besser: 69 Quadratmeter Wohn-, Schlaf- und Esszimmer.

Alles war in einen Raum gepfercht. Außer das Kinderzimmer, das war extra. Aber ich musste es mit meinen zwei Schwestern teilen. Heute wäre das undenkbar, drei Kinder in einem Zimmer aufwachsen zu lassen. Weil in meiner Kindheit alles so eng war, brauche ich große, hohe Räume. Das ist mir bis heute geblieben.

Ein Sommer im Zeichen des Paprikahendls

Ein prägendes Erlebnis betrifft meinen Schulanfang. Das war im Jahr 1970. Ich war ein sehr kleines, untergewichtiges Kind. Wahrscheinlich hat es damals noch arische Idealmaße gegeben. Vor der Einschulung musste ich nämlich auf „Erholung“ gehen. In ein Kindermastcamp sozusagen. Also habe ich drei Wochen in Emmersdorf an der Donau verbracht. Ich war sechs Jahre alt und meine Eltern durften mich nicht besuchen.

Ich kann mich noch genau an den Speiseplan erinnern. An das Paprikahendl mit der weichen, schlatzigen Haut, das ich zum Essen bekommen habe. Mir hat’s so gegraust. Aber natürlich musste ich alles aufessen. Pro Tisch gab es einen Wärter, ähh … Wächter, der aufgepasst hat. Manchmal hat er kurz nicht hingeschaut. Dann hab ich die Hendlhaut in meine Trachtenlederhose g’stopft. Und natürlich drinnen vergessen. Das war ein Gestank, als meine Mutter wieder zu Hause den Koffer ausgepackt hat ...



Mein Vater hat sich überhaupt nicht eingemischt. Er war selten da, die Erziehung hat meine Mutter übernommen. Sie war streng, aber ich hatte viele Freiheiten. Ich war viel unterwegs und war dabei sehr selbstständig. Auch was das Denken betrifft. Ich hab mir nichts einreden lassen. Auf der anderen Seite: Meine Mutter war sehr kurzsichtig und dadurch eher unsicher. Das hat sie wahrscheinlich auch auf mich übertragen. Mein Selbstbewusstsein musste ich mir erst erarbeiten. In der Schule habe ich zu den Außenseitern gezählt, war schüchtern und hab eine Brille getragen. Das alles habe ich durch meine goscherte Art kompensiert. Um Aufmerksamkeit zu erregen, habe ich meine Lehrer geärgert. Vielleicht hat mir das mein Schauspieler-Sein geebnet. Mir hat es damals schon getaugt, wenn ich Lacher ernten konnte.

Eine durchzechte Nacht mit Helmut Qualtinger

Nach der HTL bin ich zufällig als Komparse in die Josefstadt gekommen. Dort hat mich der Helmut Qualtinger zum Schauspiel gebracht. Mir hat gefallen, wie er sich auf der Bühne präsentiert hat. Schauspieler waren für mich immer abgehobene Schnösel. Er hingegen war ein normaler Mensch. Einmal ist er eine halbe Stunde zu spät und obendrein schwer bedient zu den Proben gekommen. Wir haben abgebrochen. Später ist er mit mir und ein paar anderen Komparsen noch in ein Beisl gegangen. Ich kann mich leider an keine einzige seiner Geschichten erinnern. Nur, dass wir alle mit offenen Mündern an ihm gehangen sind.

"Meine Mutter hat oft gesagt, ich sei schwer erziehbar", erzählt Nowak über seine Kindheit
"Meine Mutter hat oft gesagt, ich sei schwer erziehbar", erzählt Nowak über seine Kindheit © KK


In der Pubertät hat es natürlich Mädchen gegeben. Also die, in die man sich verliebt hat, aber nichts daraus geworden ist. Mit 13 hatte ich meinen ersten Kuss in einer Hauseinfahrt. Nach dem Kuss hat sie sich angewidert umgedreht, „Wäh!“ gesagt und ist davongelaufen.

Meine Mutter hat oft gesagt, ich sei schwer erziehbar. Sie wollte mich sogar zu den Schulbrüdern nach Strebersdorf geben. Als ich 16 war, ist mein Vater an Lungenkrebs verstorben. Dadurch war meine Mutter wahrscheinlich überfordert. Sie hat mir vorgeworfen, dass ich den Herrn des Hauses spielen möchte. Rückblickend möchte ich ihr aber keine Vorwürfe machen. Es war für sie nicht einfach und für uns Kinder noch weniger. Wahrscheinlich hätten wir alle eine psychologische Betreuung gebraucht.

Späte Vaterfreuden: "Na schau, da Opa"

Ich hätte gerne einen Lehrer gehabt, der mir etwas über Wirtschaft beibringt. Sprich: wie man Geld verwaltet. Dass man in der Schule nichts darüber lernt, ist ein Manko. Ich kann ganz schlecht mit Geld umgehen, bin immer hintennach mit der Steuer, leg mir nichts zur Seite, leb einfach so dahin. Während der Wirtschaftskrise hab ich einiges verloren. Aber auch als ich das Geld theoretisch hatte, hab ich mir nie einen Grund gekauft. Wirtschaftliches Denken war nie meins.

Es hat relativ lange gedauert, bis ich den Entschluss fasste, ein Kind in die Welt zu setzen. Zusammenziehen, heiraten, Kind bekommen – das hab ich mir in meinen Dreißigern nicht vorstellen können. Ich wäre auch nicht reif gewesen. Erst mit 40 Jahren konnte ich mir vorstellen zu heiraten. Da hab ich meine jetzige Frau kennengelernt. Als meine Tochter Mina auf die Welt gekommen ist, da war ich 44, also ein alter Papa. Beim Urlaub in Griechenland hab ich ihr an der Bar gezeigt, wie man ein Bier einfüllt. Sagt einer: „Na schau, da Opa lernt dem Enkerl das Einschenken.“Ich hab ein lässiges Kind, das mich sehr glücklich macht. Natürlich ist aber auch das eingetreten, was ich befürchtet hab: Man muss Rücksicht nehmen, früh aufstehen und das Kind in die Schule bringen. Aber das ist gut so. Ich wollte immer die Zeit haben, um für mein Kind da zu sein. Nicht so wie mein Vater. Ich wollte es anders und besser machen. Manchmal erkenne ich mich in meiner Tochter wieder. Wenn sie lustlos ist oder sich für etwas überwinden muss zum Beispiel.

Menschlich sein, empathisch gegenüber anderen, nicht egoistisch sein – das möchte ich ihr vermitteln. Dass sie das Leben lebt und fröhlich ist. Fröhlicher als ich. Mir wird ja immer adjustiert, dass ich ein Grantler sei. Aber die Gefahr sehe ich bei ihr nicht. Meine Tochter hat einen eigenständigen Charakter. Auch wenn einen das als Vater nervt, wenn sie immer dagegenredet.