Herr Sükar, in Ihrem ersten Buch üben Sie Kritik an Fast Food-Konzernen. Ihr zweites Buch heißt „Gesund und schlank mit Burger, Pizza und Co. Wie geht das zusammen?
HARALD SÜKAR: Im Zuge meines ersten Buches habe ich gesehen, dass das Interesse an dem Thema enorm ist. Immer wieder kam die Frage: Gibt es eine gesunde Alternative? Nachdem das erste Buch auf dem Film „Supersize Me“ basierte, dachte ich dass auch ich so einen Test machen kann, aber eben mit gesundem Fast Food.

Wie waren die Regeln?
Ziel war es 40 Tage lang, zu drei Mahlzeiten die gesunde Variante von Fast Food zu essen. Wenige Kohlenhydrate, viel Eiweiß. Weiters wollte ich, soweit wie möglich, Fleisch vermeiden, aber auch Zucker und künstliche Konservierungsstoffe. Ich habe zum Beispiel eine Eiweißbrotmischung gefunden und selbst gebacken. Beim Fleisch habe ich ein veganes Eiweißpulver auf Seitan-Basis entdeckt, das man mit Wasser mischt und dann wirklich aussieht wie Fleisch. Bei den Getränken habe ich zu Geschmackswasser gegriffen. Haben Sie Ziele definiert?
Ich wollte 10 Kilo abnehmen, es wurden aber nur 9,3. Ich habe mich davor und danach von einem auf Stoffwechselerkrankungen spezialisierten Internisten untersuchen lassen. Zuvor hatte ich zwei kritische Werte: Zuvor hatte ich zwei kritische Werte: den Cholesterinwert und ein extremer Überschuss an Eisen. Am Ende des Versuchs zeigte sich, dass der Cholesterinspiegel leicht gestiegen ist – zugunsten des guten Cholesterins (HDL). Der Eisenwert hat sich normalisiert. Bedeutet das nun täglich gesundes Fast Food für alle?
Nein, ich wollte nur zeigen, dass es auch gesunde Alternativen gibt, wenn man Lust auf Burger hat. Ich hatte nie Heißhungerattacken und es hat mir Spaß gemacht, mein Essen selbst zuzubereiten.

Sie waren 13 Jahre lang Spitzenmanager bei McDonald’s, sind ausgestiegen und haben sich mit Ernährungsfragen beschäftigt. Warum?
Ich war ein Snack-Junkie: Leberkäsesemmeln, Burger, Weckerln. Ich wog 111 Kilo bei 1,76 Metern Körpergröße. Ich hatte Gelenkprobleme, konnte nicht schlafen... Früher bin ich Marathon gelaufen. Ich dachte: Was ist passiert?

Warum funktioniert das Prinzip Fast Food so gut, obwohl man es eigentlich besser weiß?
Die Fast Food-Konzerne bedienen soziale Bedürfnisse: Den Hang zur schnellen Lustbefriedigung und den, möglichst schnell bedient zu werden. Man bestellt und bekommt sein Essen sofort. Man muss auf keinen Kellner oder die Küche warten. Die Schnelllebigkeit der Gesellschaft wird dadurch massiv bedient. Dann kommt die Produktzusammensetzung: Kohlenhydrate und Zucker sorgen dafür, dass unser Belohnungszentrum im Gehirn anspringt. Studien zeigen, dass dieser Effekt ähnlich ist wie beim Konsum von Drogen. Es tut gut und wir wollen mehr davon. Man darf aber auch die gleichbleibende Qualität nicht vergessen. Es gibt keine Überraschungen im Gegensatz zu einem Wirtshaus. Ich habe die 99 prozentige Sicherheit, dass das, was ich bestelle, genau so schmeckt wie beim letzten Mal. Und: Man isst mit den Händen - für Erwachsene ist das ja schon fast ein archaischer Akt.

Warum ist es bei vielen Kindern so beliebt?
Wir hatten den Auftrag, sie wie Erwachsene zu behandeln. Kinder können selbst zum Schalter gehen und etwas bestellen. Im Fast Food-Lokal dürfen sie die Pommes mit den Händen essen und laut sein, es wird sich kaum jemand aufregen. Nicht zu vergessen, die Menüs mit einer Spielzeugüberraschung, den Spielplatz oder den Geburtstagsclub. Und wer einmal als Kind mit Fast Food aufgewachsen ist, der behält das auch als Erwachsener bei, weil man ja zum Großteil positive Gefühle damit verbindet. Das erklärt auch den Erfolg dieser Ketten. Mittlerweile lebt ja schon die dritte und vierte Generation mit dem Prinzip Fast Food. Die Jugendlichen wurden selbst Eltern und sind dann mit ihren Kindern hingegangen, die bekommen Kinder und die Großeltern gehen wieder mit ihnen zur Fast Food-Kette...

Wie konnten Sie das mit sich selbst vereinbaren?
Wir haben in einer Traumwelt gelebt. Es gab drei Aussagen, die wir verinnerlicht hatten: „Es wird niemand gezwungen, zu uns zu kommen.“ „Die Leute müssen sich nur ein bisschen mehr bewegen.“ „Man muss ja nicht jeden Tag kommen.“ Wir haben es der Eigenverantwortung unserer Gäste zugeschoben. Was ja eine komplette Verdrängung der Realität ist. In Wahrheit haben wir im Marketing Unmengen an Geld ausgegeben, damit der Gast öfter kommt, um größere Portionen zu essen. Sie prangern auch die Lobby hinter dem Geschäft mit dem Fast Food an: Wie könnte man die Leute, Ihrer Meinung nach, noch mehr auf die gesundheitsschädigende Wirkung aufmerksam machen?
Andere Länder haben bei Lebensmitteln schon eine ganz andere Kennzeichnungspflicht. Zum Beispiel eine Ampelkennzeichnung, anhand der man ganz schnell erkennt, dass dieses Lebensmittel gesundheitsschädlich ist. Man kann es den Menschen einfach nur immer wieder bewusst machen. Aber auch eine Zuckersteuer auf Lebensmittel wäre sinnvoll. Die gibt es bereits in vielen Ländern, England ist hier mittlerweile Vorreiter. Man kann aber auch viel mit öffentlichem Druck erreichen. Das habe ich selbst erlebt.Inwiefern?
Zu meiner Zeit damals gab es die Diskussion um Öle, die Transfette enthalten haben. Dänemark hat ein Verbot auf Transfette allgemeiner Art ausgesprochen. Damit musste auch McDonald’s Dänemark nachziehen. Bei und haben dann ebenfalls Journalisten gefragt, ob wir nachziehen und so ist ein öffentlicher Druck entstanden. Wir haben innerhalb weniger Monate auch umgestellt. Man wird eben nur erst auf Zucker verzichten, wenn es ein Gesetz gibt und man dazu gezwungen ist. Vorher passiert da nichts.

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Gehen Sie heute noch zu McDonald's?
Ja, ab und zu, wenn ich unterwegs bin, um mir einen Kaffee zu holen. Burger esse ich dort aber keinen.