Und auf einmal ist er weg ...

Ein jeder wünscht sich, bis 90 oder so fröhlich zu leben und dann, ganz schmerzfrei, über Nacht einfach nicht mehr aufzuwachen. Aber wann hat sich das Leben schon jemals an Wünsche gehalten? Und der Tod erst? Auch nicht bei Wolfgang Sotill, der 13 Tage vor seinem 65. Geburtstag eingeschlafen ist. Nicht friedlich, das wäre glatt gelogen. Aber tapfer und bis zuletzt mit Zuversicht.

Wolfgang Sotill war Theologe, Buchautor, Reiseleiter und vor allem Journalist, der mit seinem Wissen und Willen jahrzehntelang auch das Redaktionsteam der Kleinen Zeitung bereicherte, im Beilagen- und Außenpolitik-Ressort. Er kannte und liebte Israel wie kaum ein anderer. Er liebte die Freiheit auf zwei (Motor-)Rädern. Er liebte seine zotteligen Hochlandrinder...

Wir verlieren mit Wolfgang Sotill einen ehemaligen Kollegen, einen Freund und Menschenfreund, der dickschädlig und feinsinnig war, der laut und leise sein konnte, einen mit offenem Ohr, weitem Sinn und großem Herz. Das schlägt nicht mehr, aber das Pochen, der Klang hallen nach. Für uns. Und vor allem für seine Ulla und seinen Elias.

Wolfgang Sotills Frau hat uns folgendes Gedicht von Franz Werfel geschickt:

Der allerletzte Augenblick

Im Krankenzimmer, wenn's zu Ende geht,
Links in dem Eck ein schmaler Engel steht.
Er ist gesandt, will Angst die Seele quälen,
Zu helfen ihr, sich leichter loszuschälen.

Sein Auge strahlt und seine Stimme weht
Ins Ohr des Sterbenden, der sie versteht.
»Von allen Wesen«, spricht er, »die wir zählen,
Starb keins, das nicht gewollt. Auch du darfst wählen.«

Der Kranke langsam seine Lippen schleckt,
Zu prüfen, wie das Leben wirklich schmeckt.
Es schmeckt so angebrannt, so pickig-schal,
Unmöglich, es zu schlucken noch einmal.
Ja oder Nein? Der Engel fragend blickt.
Dann lächelt er. Der Kranke hat genickt.