Letztes Fernseh-Lagerfeuer, Seelenspiegel und Seismograph der Gesellschaft. Zum 50. Geburtstag der Krimireihe am 29. November zeigt sich, was der "Tatort" heute mindestens noch ist: eine Projektionsfläche für eine noch immer große Gruppe der "Tatort"-Seher.

Die Jubiläumsfolge am Sonntag geht exakt 50 Jahre nach dem ersten Krimi, "Taxi nach Leipzig", auf Sendung. 180 Minuten "Tatort", der zwar nicht in die Kategorie Experimental-Krimi fällt, und dennoch auffällt: Die Kommissariate aus Dortmund und München arbeiten zusammen. Das heißt, Faber trifft auf Batic, Böhnisch auf Leitmayr. Der zweite Teil ist am 6. Dezember zu sehen, jeweils in ORF und ARD.

Ivo Batic (Miroslav Nemec), Peter Faber (Jörg Hartmann), Regisseurin Pia Streitmann und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl)
Ivo Batic (Miroslav Nemec), Peter Faber (Jörg Hartmann), Regisseurin Pia Streitmann und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) © (c) WDR/BR/Hagen Keller

Worum geht's?

Ob das Geschäft mit den Pizzen für die Familie Modica gut oder schlecht geht, spielt im Grunde keine Rolle. Wichtig ist bloß die monatliche Lieferung, frische Ware aus Kalabrien landet dann im Hinterhof der Dortmunder Pizzeria. Es braucht keinen zweiten Blick, um zu wissen, dass hier nur Pasta und Tomatensauce angeliefert werden. Einst hatten sich die Besitzer des Restaurants, Luca (Beniamino Brogi) und Juliane (Antje Traue), von der Mafia Geld geliehen. Die Schulden bezahlen sie mit ewiger Treue.

Für die Mordkommission interessant wird der Fall, weil zunächst in München ein Mord passierte, und wenig später, in Dortmund das Unheil vor der Pizzeria-Tür steht, in Form eines jungen Kalabriers (Emiliano De Martino), der mit der Mafia-Ladung angeliefert wird. Nicht täuschen: Der Mafioso wird zwar verniedlichend "Pippo" genannt, hat es allerdings fausdick hinter den Ohren und ist messerscharf, wenn es darauf ankommt. Für die Familie Modica ist ab diesem Zeitpunkt nichts mehr wie zuvor.

Zahlt sich das Einschalten aus?

Wofür steht der "Tatort" in seinem Kern? Spannung und aufregend Figuren. Diesbezüglich hat diese Folge viel zu bieten. Insbesondere die Rolle der Pizzabäcker-Tochter (Emma Preisendanz) ist interessant angelegt und steht für einen Wettstreit, in den sich die Pizza-Familie und der Mafiaclan verstricken. Die Kompromisslosigkeit des Drehbuchs imponiert an dieser Stelle. Zugleich machen sich Schwierigkeiten bemerkbar, eine "Tatort"-Handlung auf 180 Minuten zu strecken - die erste Hälfte ist am 29. November zu sehen, die zweite am 6. Dezember.

Aylin Tezel (im Bild mit Rick Okon) haut den Hut drauf. Ihr "Tatort"-Abgang ist unspektakulär.
Aylin Tezel (im Bild mit Rick Okon) haut den Hut drauf. Ihr "Tatort"-Abgang ist unspektakulär. © (c) WDR/Frank Dicks

Weit davon entfernt, sein Potenzial auszuschöpfen, bleibt die Jubiläumsfolge an anderer Stelle. Das Crossover der Teams aus München und Dortmund bleibt oberflächlich, fast schon übersehbar. Gelegenheiten, den spezifischen Spirit aus München und Dortmund humoristisch aufeinander prallen zu lassen, werden bis auf wenige Ausnahmen konsequent ausgelassen. Diese Seriosität hat zur Folge, dass es für alle Beteiligte ein Auswärtsspiel ist und die jeweiligen Stärken nicht ausgespielt werden können.

Ihren allerletzten Auftritt hat die Dortmunder Figur Nora Dalay: AylinTezel verabschiedet sich nach acht Jahren still und heimlich aus der Reihe.