Karl Merkatz ist ein Schauspieler, der gelernt hat, im Schatten seiner Rollen durchs Leben zu gehen. Mag er als Volksschauspieler auf den großen deutschsprachigen Bühnen gestanden sein, mag er vor der Kamera unzählige weitere und große Filmproduktionen gedreht haben. Merkatz und Mundl hier, Merkatz und Bockerer dort. Beide Fernsehfiguren sind cholerisch angelegt, beide an der Oberfläche grob, beide haben viel über das Nachkriegsösterreich zu erzählen. Es sind die Rollen des Lebens von Karl Merkatz.

Am 17. November feiert der in Wiener Neustadt geborene "echte Wiener" seinen 90. Geburtstag. Erste Erfahrungen als Schauspieler sammelte er als Kind im Kasperltheater, später spielte er im Keller der Vorstadtkirche. Bevor es ihn nach Salzburg zog, um Schauspieler zu werden, schlug Merkatz, auf Wunsch der Eltern, zunächst eine Tischlerlaufbahn ein. Die Möglichkeit, im Nachkriegsösterreich in einer Sargfabrik zu arbeiten, schlug er aus, stattdessen nahm er eine Stelle als Antiquitätentischler an. In der Zeit des Nationalsozialismus war der Sohn eines Werkzeugmachers bei der Hitlerjugend gewesen. Gegen seinen Willen, wie er in einer neuen ORF III-Doku, die am Freitag um 20.15 Uhr zu sehen ist, betont: "Wenn du nicht zum Heimabend kommst, holen wir deinen Vater und schicken ihn ins KZ", habe man ihm gedroht, erzählt Merkatz im Gespräch mit Tommy Schmidle.

Auf den Krieg folgten Schauspiel und Liebe. "Ich sah sie und war natürlich verblendet", erinnert sich Merkatz an seine ersten Begegnungen mit MarthaMetz. Der Schauspieler lernte sie in Heilbronn kennen, der Heiratsantrag war mehr Feststellung als Frage: "Wir heiraten." Der 1956 geschlossenen Ehe tat dies keinen Abbruch, sie hält bis heute. "Ohne Martha könnte ich nicht. Sie ist der Rückhalt meiner Psyche." Nach seiner Zeit in Heilbronn machte der Mime Stationen in Nürnberg, Köln oder Hamburg.

Merkatz hatte keine Lust auf den Mundl

Mehr als 250 Filmrollen stehen auf der Habenseite des 90-Jährigen, ebenso mehr als 150 Theaterproduktionen. 2009 verabschiedete sich Merkatz von der Bühne, Filme drehte er weiterhin, darunter 2015 "Der Blunzenkönig". Kultstatus erlangte er vor 45 Jahren durch Reinhard Schwabenitzkys"Ein echter Wiener geht nicht unter", geschrieben von Ernst Hinterberger. Eine Rolle, die Merkatz zunächst ablehnen wollte, wie er im ORF-Interview angibt: Die Figur des Mundls sei ihm zu hart gewesen, zu brutal. Auf seine Einwände hätte Hinterberger geantwortet, "ihr machts das so, wie ihr wollt." Und Merkatz war einverstanden mit dieser Freiheit. Geflügelte Worte ("Mei Bier is net deppert") der Serie überlebten bis heute, die Silvesterfolge zählt im ORF zur Stammprogrammierung am letzten Tag des Jahres.

Sehnsucht nach Freiheit

Die Prominenz durch die Mundl-Figur, diesem lauten, sprücheklopfenden Vater in einer Arbeiterfamilie, verstellte Merkatz die eine oder andere Karrieregelegenheit. Regisseur Axel Corti habe ihm erklärt, er könnte Merkatz nicht mehr auf der Bühne besetzen, weil dieser nur noch als Mundl wahrgenommen werde. Zur Figur des Elektrikers gesellte sich jene des Fleischhackers: Die erfolgreiche "Bockerer"-Reihe ist der rudimentären Entnazifizierung in Österreich nach dem Weltkriegsende gewidmet.

Pläne, Europa hinter sich zu lassen, um nach Australien zu ziehen, ließ Merkatz einst wieder fallen. "Die Sehnsucht nach der Freiheit", die er mit fernen Kontinent habe ihn damals gelockt, auch weil er bis 1945 eine Zeit erlebt hatte, die keine Freiheit kannte, erklärt der Jubilar.