Unter all den Filmen, die den magischen Ort Kino seit Ausbruch der Pandemie feiern, ist dieser dank der Kamera von Roger Deakins der visuell hinreißendste: Im Zentrum von "Empire of Light" steht ein Kino in einer südenglischen Küstenstadt, eingezwickt zwischen Vergnügungspark und Plattenbau. Am verwaisten Boulevard davor ist längst der Lack ab. Nur noch treue Cineastinnen und Cineasten lassen sich hier vom Knistern des Zelluloids bei Filmen wie John Landis' "Blues Brothers" oder Martin Scorseses "Raging Bull" überwältigen.
Es war einmal ein glänzender Kinopalast mit Restaurant im Obergeschoß – nunmehr haben sich Tauben dort eingenistet. Nur Foyermanagerin Hilary (souverän in jeder Szene: Olivia Colman) schreitet noch demütig durch die Leere, eine Folge des fehlenden Publikums. Sie kontrolliert Karten, reicht Popcorn und macht den Kinosaal sauber. Dabei ist ihr die Magie, sich einen Film auf der großen Leinwand anzuschauen, fremd.
Die Mittvierzigerin lebt allein, hat eine bipolare Störung, ist ziemlich einsam und lässt sich vom Kinomanager (Colin Firth) sexuell ausnutzen. Ein neuer Kollege mutiert zum Lichtblick. Er sorgt dafür, dass sich in Hilarys graue Lithium-Welt mehr Farbe mischt. Stephen (Micheal Ward) ist viel jünger als sie, schwarz und kommt aus einer anderen Gesellschaftsschicht. Über ihre Außenseiterposition nähern sie sich an. Die Liebelei wird, das ist absehbar, kein Happy End haben. Und sie wird daran stärker zu knabbern haben als er.

Sam Mendes, preisgekrönter Regisseur von Filmen wie "American Beauty", "Zeiten des Aufruhrs" und "1917", rückt Hilary (souverän in jeder Szene: Olivia Colman) in den Fokus des Films, für den er erstmals im Alleingang das Drehbuch verfasste. Dieses ist kein großer Wurf.

Thatcherismus fließt in die Erzählung ein

Mendes siedelt das Drama Anfang der 1980er an: Die Zeiten stehen auf Veränderung, Premierministerin Margaret Thatcher führt mit eiserner Hand eine neue konservative Wende ein; Spaltung ist die Folge, Rassismus keimt. Die gebeutelten Zeiten finden in wenigen Szenen Eingang – wenn Stephen u. a. auf offener Straße angepöbelt wird und der Mob draußen und im Kino wütet. Und während Hilary labiler wird, steigt Stephans Frust. Sie alle finden Zuflucht im Kino.

Die Chance auf eine Analyse des Außenseitertums vergibt Mendes. Der Film kann Spuren von autobiografischer Erinnerung, Drama, Tragödie, Lovestory und Politfilm enthalten. Ein bisschen von allem ist am Ende aber ein bisschen zu viel. Wunderbar gespielte nostalgische Kinoverehrung mit magischen Bildern ist "Empire of Light" allemal.

Bewertung: ****