"Das Fremde“ war das Thema vieler Texte, wie Jurysprecher Hubert Winkels in seinem Schlusswort zu den 40. Tagen der deutschsprachigen Literatur feststellte, „ein direktes Hineinregnen der Welt in diesen Klagenfurter Raum“, das im heurigen, so internationalen Bewerb durchwegs erfrischend war.

So wie man heute auf den Straßen der Städte ein buntes Sprachen-Gemisch von slawischen, arabischen und anderen Idiomen hört, spiegelte die Vielsprachigkeit in Klagenfurt „die Vorgänge in der Welt“ (Winkels).

Stefanie Sargnagel, Sharon Dodua Otoo, Julia Wolf und Dieter Zwicky
Stefanie Sargnagel, Sharon Dodua Otoo, Julia Wolf und Dieter Zwicky © Kleine Zeitung Helmuth Weichselb

Im Gegensatz zu zweisprachigen Autoren wie Feridun Zaimoglu oder Maja Haderlap in den vergangenen Jahren waren heuer auffallend viele Teilnehmer dabei, für die Deutsch eine reine Fremdsprache ist. Was man als Reaktion der einladenden Jury auf Migrationsbewegungen und Nationalismen lesen kann, erwies sich als Blutauffrischung für den traditionsreichen Bewerb.
Die farbige, britische Autorin Sharon Dodua Otoo gewann mit ihrer satirischen Parabel „Herr Gröttrup setzt sich hin“, in dem ein Frühstücks-Ei mit Bewusstsein ein Rentner-Ehepaar bei Tisch irritiert. Jurorin Sandra Kegel, die Otoo vorgeschlagen hatte, lobte: „Ich war wie elektrisiert von dieser charmanten, unangestrengten Satire über den deutschen Alltag!“

Klassische Aufteilung

Die anderen drei ausgelobten Preise teilten sich in klassischer Manier Deutschland, Österreich und die Schweiz. Während im Anschluss an den offiziellen Teil die sympathische Britin drinnen interviewt wurde, ging draußen zum wiederholten Male das skandierende Geschrei der „Burschenschaft Hysteria“, der Freundinnen der Publikumspreisträgerin und einzigen Österreicherin Stefanie Sargnagel, los. Mit schwarzen Fahnen, roten Käppis, Sonnenbrillen und Bierflaschen in der Hand übten sie sich in matriarchalem Aktionismus und wurden so zum begehrten Handyfoto-Motiv. Ganz leise reagierte hingegen der Kelag-Preisträger, der Schweizer Dieter Zwicky auf seine Kür: „Ich bin sehr glücklich! Wenn ich das nicht zeige, gehört das zu meinem beschränkten Repertoire.“ Die Deutsche Julia Wolf erhielt schließlich für ihre surrealistische Geschichte „Walter Nowak bleibt liegen“ über einen „geilen Greis“ (Sandra Kegel), der nach einem Unfall am Badezimmerboden liegt, den 3sat-Preis.

Abendland

„Das Abendland zerrieselt“, hatte Jurorin Meike Feßmann einmal im Zuge der Diskussionen zum Text von Jan Snela gemeint (der übrigens so wie Otoo, Zwicky, Wolf und Marko Dinic, Isabelle Lehn und Selim Özdogan von der Jury auf die Shortlist zur Abstimmung gesetzt wurde). Das Abendland braucht sich jedenfalls angesichts dieses starken, bunten Bachmann-Jahrganges nicht zu fürchten.

KARIN WALDNER-PETUTSCHNIG