Die Mainzer Staatsanwaltschaft plant angesichts der Ermittlungen wegen des Verdachts auf Beleidigung des türkischen Präsidenten eine Anhörung des ZDF-Satirikers Jan Böhmermann (35). "Dem Beschuldigten, für den sich bislang kein Verteidiger bestellt hat, ist rechtliches Gehör zu gewähren", teilte die Leitende Oberstaatsanwältin Andrea Keller am Dienstag mit. Danach werde voraussichtlich eine Entscheidung getroffen, ob hinreichender Tatverdacht bestehe.

Ermächtigung in Mainz eingegangen

Die Ermächtigung der deutschen Bundesregierung und das Strafverlangen der türkischen Regierung nach Strafverfolgung von Böhmermann sind am Dienstagvormittag bei der Staatsanwaltschaft eingegangen.

Der Moderator hatte vor knapp vier Wochen mit einem Schmähgedicht in seiner Sendung "Neo Magazin Royale" über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan viel Wirbel ausgelöst. Damit wollte er nach eigenen Angaben den Unterschied zwischen erlaubter Satire und verbotener Schmähkritik darstellen. Erdogan hatte auch selbst Strafanzeige gestellt. Die Stellungnahme ist laut Staatsanwaltschaft noch nicht in Mainz eingetroffen.

Strafanzeigen

Bei der Staatsanwaltschaft in Mainz sind unterdessen viele hundert Strafanzeigen gegen den ZDF-Moderator  eingegangen. „Die Strafanzeigen bewegen sich geschätzt im oberen dreistelligen Bereich“, sagte die Leitende Oberstaatsanwältin Andrea Keller der „Rheinischen Post“.  Heute beschäftigt sich außerdem der Bundestag mit der Situation von Journalisten in der Türkei.  Am mittleren Nachmittag gibt es eine von den "Grünen" beantragte Aktuelle Stunde zum Thema „Umgang mit der Presse- und Meinungsfreiheit in der Türkei“.  Außerdem soll es um den veralterten Paragrafen 103 des Strafgesetzbuches zur Beleidigung ausländischer Staatschefs gehen.