Stürmischen Beifall ernteten die russische Sopranistin Anna Netrebko in der Hauptrolle und Stardirigent Riccardo Chailly, der auch Musikdirektor der Scala ist. Der unkonventionelle Beschluss von Scala-Intendant Alexander Pereira, die neue Saison mit einer Verdi-Oper zu eröffnen, die seit deren Premiere vor 150 Jahren nicht mehr im Mailänder Opernhaus aufgeführt worden war, wurde von Erfolg gekrönt. "Jeanne d'Arc hat auf der ganzen Linie gesiegt, an der Scala wie in Orleans. Sie hat nicht nur die Engländer, sondern die Angst vor Terroranschlägen und die Vorurteile derjenigen besiegt, die eine 'hässliche' Oper befürchteten und im Gegenteil ein wunderbares Verdi-Werk entdeckt haben", kommentierte die Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera" am Dienstag.

"Ein Erfolg wie seit langem nicht mehr bei einer Scala-Premiere. Sogar die anspruchsvollen 'Loggionisti' (die berühmt-berüchtigten Stammbesucher der Mailänder Oper, Anm.) waren in Ekstase, haben Blumen geworfen und Jubelrufe von sich gegeben, auch für die Regisseure", kommentierte die Tageszeitung "La Repubblica". Kritiker sparten nicht mit Lob für Netrebkos Leistung. "In jeder Phase der Oper glänzt sie wie eine wahre Diva", kommentierte "Corriere della Sera". "Fantastischer Abend, es lebe Verdi! Ich habe jeden Moment dieser Oper geliebt. Es war für mich eine große Freude, mit Chailly zusammenzuarbeiten", feierte die Sopranistin.

Stolz über den Erfolg des Abends zeigte sich Pereira, der zusammen mit seiner Frau Daniela Weisser de Sosa vor der Aufführung die Stargäste empfing. "Alles hat wirklich gut funktioniert. Die Sänger waren in Bestform. Das ist eine Premiere, die der Scala würdig ist. Und das ist besonders wichtig, weil 'Giovanna d'Arco' seit 150 Jahren an der Scala nicht mehr aufgeführt wurde. Das Opernhaus musste sich bei diesem großen Komponisten deswegen entschuldigen", sagte Pereira.

Zahlreiche prominente Gäste wie der italienische Premier Matteo Renzi, Kulturminister Dario Franceschini und andere Regierungsmitglieder waren bei der Aufführung anwesend. "Heute ist ein Tag der Freude. Wir lassen uns von der Angst nicht in unsere Wohnungen einsperren. Italien reagiert mit Kultur auf die Terrordrohung. Die Scala-Premiere ist eine großartige Botschaft an die Welt, die Italien versendet. Kultur besiegt die Angst", kommentierte Renzi.

Zu den Gästen zählten Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) sowie Musikvereins-Intendant Thomas Angyan, Italiens Ex-Premier Mario Monti, US-Rockerin Patti Smith, Modepapst Renato Balestra und der italienische Regisseur Gabriele Salvatores. Fast alle Karten wurden verkauft. Bis zu 2.400 Euro kostete der Zutritt zur Premiere.

Mit schärfsten Sicherheitsvorkehrungen startete die Scala in die neue Saison. Mehr als 700 Soldaten sicherten die Premiere. Schützen wurden rund um das Mailänder Opernhaus postiert, Metalldetektoren im Foyer des Theaters aufgestellt, die Straßen rund um das Gebäude gesperrt. Gewerkschaftsaktivisten, die für Beschäftigung und Sozialwohnungen demonstrierten, wurden aus Sicherheitsgründen vom Eingang des Theaters auf Entfernung gehalten.

Mehrere Millionen Zuschauer verfolgten im Fernsehen die Oper. Die Premiere wurde vom italienischen Fernsehsender RAI live gesendet. Außerdem wurde die Oper per Live-Übertragung in Kinosälen in Italien und im Ausland gezeigt. Die Saison der Scala wird traditionsgemäß am 7. Dezember eröffnet, Tag des Heiligen Ambrosius, Patron der Stadt Mailand. In der Saison 2015/16 stehen an der Scala 15 verschiedene Opern auf dem Programm, davon acht Werke der italienischen Tradition. Die Saison 2016/17 soll mit Giacomo Puccinis "Madama Butterfly" beginnen, wie durchgesickert ist. Die Oper wird wieder Chailly dirigieren.