Ein iranischer Atomphysiker stürzt aus dem Fenster eines Nobelhotels am Wiener Ring. Die Spuren führen bis zum israelischen Geheimdienst Mossad. Dazu ein bisserl Korruption, ein schmieriger Lobbyist, eine niederösterreichische Firma, die Ventile für Kernreaktoren produziert und sich originellerweise „K&K“ abkürzt und viel Österreichisch-Nachhilfe („Ihr habts ja an Klopfer!“; „Da kemma brausen gehen“) für die Fans aus Deutschland und der Schweiz. Weltpolitik spielen auf Wienerisch.

"Wir zwei mitten im Atomkrieg!"

Das ist eine Spezialität des grantelnden, mit dem Grimme-Preis ausgezeichneten Wiener „Tatort“-Teams Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser): Das Ausmaß ihrer Fälle scheint immer mehrere Fußstapfen zu groß für den Oberleutnant und die Majorin zu sein. Oder wie Fellner es gleich zu Beginn des Falles erklärt: „Schon steil! Wir zwei mitten im Atomkrieg.“ Eisners Konter: „Bibi und Moritz Bond.“

„Bibi ist einfach eine Wucht“

Dass der Austro-“Tatort“ oft ein Quoten- als auch Publikumshit ist, hat vor allem damit zu tun, dass man dem einsamen Eisner 2011 Bibi Fellner als Ex-Alkoholikerin (einmal mehr, einmal weniger), Ex-Freundin von Inkasso-Heinzi und Ex-Gspusi von diversen hilfreichen Beamten in zig Behörden zur Seite gestellt hat.


Nach „Paradies“, der Episode über Crystal Meth-Dealerei im Altersheim, und während einer allgemeinen Zwangsverjüngung der „Tatort“-Teams schwärmten Fans auf Twitter: „Die Bibi ist einfach eine Wucht!“ Oder: „Ich lege mich fest: Die Bibi Fellner ist die allersuperste Kommissarin aller Tatorte“.

Als schmieriger Lobbyist und Graf glänzt Udo Samel
Als schmieriger Lobbyist und Graf glänzt Udo Samel © ORF

„Dass ich so gut aufgenommen werde, freut mich sehr. Auch für uns als Team“, sagt Neuhauser zur Kleinen Zeitung.

Pendelt im TV zwischen Julie und Bibi


Nach Jahren am Theater (Neuhauser zum Beispiel spielte sechs Jahre in Regensburg den Mephisto im „Faust“) ist sie derzeit im Fernsehen als gnadenlose Julie Zirbner in „Vier Frauen und ein Todesfall“ und labile Bibi Fellner im „Tatort“ zu sehen. „Ich denke, jetzt ist die Frau in Adele Neuhauser endlich durchgedrungen“, sagt die Schauspielerin. Parallelen zwischen Bibi und Julie sieht sie nur darin, dass sich beide auf „kriminalistische Weise betätigen.“ Aber: „So wie Julie vorgeht, würde das Bibi nie machen.“ Beide Figuren hat Drehbuchautor Uli Brée entwickelt, die Rolle der Polizistin war eine Maßanfertigung für Neuhauser. Interveniert, erzählt die 55-Jährige, habe sie nur in einem Punkt: Sie wollte nicht, dass aus den beiden mehr wird.

Regier bei
Regier bei "Deckname Kidon" führte Thomas Roth (Mitte) © ORF

Denn: „Ich finde es eindimensional, wenn man davon ausgeht, dass Frauen und Männer, die gemeinsam arbeiten, immer etwas miteinander haben müssen. Dann wäre die Geschichte schnell auserzählt gewesen.“ Das wollte sie nicht.

„Schlampenschleuder“ defekt


Zwei weitere Fälle (siehe Infokasten) stehen 2015 noch auf dem Dienstplan von Eisner und Fellner. Hoffentlich kommt die „Schlampenschleuder“, der peinliche Pontiac Firebird, dann wieder zum Einsatz. Den maroden Wagen zu reparieren, sei eine finanzielle Frage „Wir kämpfen darum, dass das Auto wieder auftaucht. Es ist ein Art Markenzeichen geworden“, sagt Neuhauser.