Daheim ist es doch am schönsten, besagt ein bekanntes Sprichwort. So schön, dass sich österreichweit gleich vier Ausstellungen mit dem Thema „Tourismus in Österreich“ auseinandersetzen, zwei davon in Wien.

„Über Tourismus“ heißt die neue Ausstellung im Architekturzentrum Wien (AzW). Das Wortspiel ist gewollt: Besucherinnen und Besucher erfahren mehr über die Geschichte des Tourismus, aber auch seine Schattenseiten. Das Kuratorinnen-Duo Katharina Ritter und Karoline Mayer hat sich in den vergangenen zwei Jahren die wachsende Branche angesehen; inklusive Kehrseiten. „Die Ausstellung ist eine Reise darüber, wer am Phänomen Tourismus teilnimmt. Mittlerweile verreisen wir öfter, kürzer und weiter.“ Wie die Gesellschaft von heute verreist, wird anhand drei Modellfamilien veranschaulicht. 

Wer die Schau betritt, wähnt sich auf einer Ferienmesse mit Stationen-Betrieb. Auch das Grazer Hotel Daniel findet Platz. Der Nachkriegsbau wurde damals sehr fortschrittlich gebaut und kurz bevor er unter Denkmalschutz gesetzt wurde, umfassend saniert.

Wie unterschiedlich die Reiselust im städtischen und ländlichen Bereich ist, wird ebenso thematisiert. Besonders der urbane Bereich leidet unter dem Kurzzeitvermieter Airbnb: „Es kommt zu Verwerfungen am Immobilienmarkt, oft sind davon Städte mit schwachem Mieterschutz betroffen“, erklären die Kuratorinnen. In Amsterdam greift man bereits zu kreativen Lösungen wie einer „De-Marketing“-Kampagne und Schildern, die an korrektes Verhalten in der Öffentlichkeit ermahnen. Auch die Stadt Wien will mit einer neuen Verordnung ab Juli die Vermietung auf Airbnb einschränken. Es wird vermutet, dass auch andere Landeshauptstädte folgen werden. 

Urlaubsdestinationen im Wandel

Der Klimawandel – „der Elefant im Raum“ – bekommt unter dem Schlagwort „Sonne“ seine eigene Station. Dort werden mögliche Klimaszenarien der Zukunft dank Künstlicher Intelligenz visualisiert. „Es wird davon ausgegangen, dass die schmelzenden Gletscher zu Seen werden und damit ein neues Ziel für Touristen“, wagt Mayer einen Blick in die Zukunft. Und weiter: „Die beliebten Urlaubsziele Lignano und Bibione könnten zu Inseln werden und damit eine ähnlich exklusive Destination wie die Malediven.“ Paris ist im Kampf gegen den Klimawandel ein Best-Practice-Beispiel, denn durch die vielen Hitzetoten im Jahr 2003 arbeitet die Stadtpolitik aktiv an Maßnahmen, um die Stadt grüner und lebenswerter zu machen.

Dass Ferienimmobilien als Anlage interessant sind, ist keine Neuheit. Zuletzt wurde durch den Bau von Chalet Dörfern ein Plus an Arbeitsplätzen versprochen. Ein leeres Versprechen. Denn viele dieser Dörfer gleichen nun Geisterstädten. Ein weiterer Aspekt sei das Versäumnis, freie Seezugänge zu garantieren. „Erst nach massivem öffentlichen Druck wurden Maßnahmen in die Wege geleitet”, erklärt Mayer. 

Die fehlenden Seezugänge werden auch wenige hundert Meter weiter im Haus der Geschichte Österreich (hdgö) thematisiert. Viele der Grundstücke am Wörthersee wurden während des NS-Regimes enteignet und kamen dann in die Hände der NS-Führungsriege. Doch so dunkel arrangiert ist die Ausstellung „Holidays in Austria“ am Wiener Heldenplatz nicht, beruht sie doch auf zwei Fotoalben der englischen Familie Hope, die in den frühen 1950er-Jahren Urlaub in Österreich machte. Viel mehr gewährt sie einen spannenden Blick von außen in das damals neu gegründete Österreich. Anders als beim AZW wird im hdgö gezeigt, wie die Grenzen zwischen öffentlichem und privaten Raum verschwinden. Die Aufnahmen des Hobbyfotografen Eric Hope sind der rote Faden, der durch die Ausstellung führt. Die damals noch sehr junge Republik vermarktete sich im Ausland als „billige Reisedestination“, erklärt der Kurator Stefan Benedik. Grund genug für das junge Paar, den Jahresurlaub dort zu verbringen. 

Tourismus als Wurzel von Klischees

„Dass der Tourismus erhalten und gefördert werden muss, war eine Entscheidung, die in den ersten Wochen nach der Gründung der Zweiten Republik gefällt wurde“, so Benedik. Man versuchte, das Land von der Abschottung im NS-Regime zu lösen, und öffnete die Türen für internationale Gäste. Interessantes Detail: Es wurden „Erziehungsfilme“ für die Österreicherinnen und Österreicher gedreht, in denen veranschaulicht wurde, welche Werte vertreten werden sollen, um Gäste aus dem Ausland anzulocken. Historische Werbematerialien vermitteln ein Gefühl dafür, wie sich Österreich-Klischees über den Tourismus verfestigen konnten.

Kulturtourismus hingegen steckte in den frühen 1950er-Jahren noch in den Kinderschuhen. Das Ehepaar Hope besuchte trotzdem mehrere Aufführungen in der Staatsoper pro Woche, die damals im Theater an der Wien stattfanden. Obwohl es noch keine Bildbearbeitungsprogramme gab, trickste Eric Hope bei der Zusammenstellung seiner Fotoalben: Die Auswirkungen des Kriegs ignorierte er gekonnt. Beim Blättern durch die schwarzen Seiten des Albums würde man nicht auf die Idee kommen, dass vor ein paar Jahren noch Gewalt die Straßen beherrschte.