Die Gewalt im Privatbereich ist im Bezirk St. Veit in den letzten Jahren stark angestiegen: Von 2021 auf 2022 verzeichnet die Polizei gar einen Anstieg von 84,78 Prozent. Das liegt aber nicht zuletzt auch daran, dass die Sensibilität für dieses Thema gestiegen ist und mehr Fälle gemeldet werden. Die Polizei setzt deshalb, neben dem akuten Einsatz vor Ort, auf Aufarbeitung und Information. Im Gurktal ist dafür Franz Glanzer zuständig. Der Kommandant der Inspektion Straßburg führt als präventiver Rechtsaufklärer nach einem aufgetretenen Fall von häuslicher Gewalt sowohl mit dem Opfer als auch mit dem Gefährder Gespräche: "Ich nehme mit dem Opfer aktiv Kontakt auf, erhebe den Sachverhalt und biete Hilfestellung an. Dem Gefährder erkläre ich in verständlicher Weise alle rechtlichen Konsequenzen", schildert Glanzer und unterstreicht die Wichtigkeit dieser Arbeit: "Es geht um Leib und Leben."

Für die Polizei sei es nicht leicht, einzuschreiten, weil es sich oft um erlernte Handlungsmuster handle, die schwer abzulegen sind. "Es ist hochsensibel, weil man in den privaten Bereich eindringt. Jeder Fall ist anders und man muss sich auf das Gegenüber einstellen."

Konflikte gewaltfrei lösen

Der bestmögliche Schutz für Opfer und die Unterstützung seiner Kolleginnen und Kollegen sind Glanzers Motivation. Der Polizist aus Weitensfeld bildet landesweit auch andere Polizeibeamte für die präventive Rechtsaufklärung aus. Mittlerweile gibt es auf jeder Dienststelle eine Person in dieser Funktion: "Während dem Polizeieinsatz sind die Emotionen hoch. Die rechtlichen Informationen kommen oft nicht an. Oft ist auch Alkohol im Spiel. Deswegen ist es wichtig, sich später nochmals in Ruhe mit beiden Parteien zusammenzusetzen und alles nachzubesprechen."

Auch die Täter seien dankbar, dass man sich ihre Sicht der Dinge anhört und über das Rechtliche aufklärt. Letzteres beinhaltet seit 2019 auch die verpflichtende Teilnahme an einem Gewaltpräventionskurs der Caritas. Dabei lernen Betroffene unter anderem, wie sie Konflikte in Zukunft gewaltfrei lösen.

Corona und Inflation: "Die Haut wird dünner"

Wie Glanzer erklärt, gibt es bei seiner Arbeit auch einen Unterschied zwischen dem ländlichen und dem städtischen Bereich: "Am Land ist die Hemmschwelle anders. Oft muss das Opfer selbst die Polizei rufen. In der Stadt machen das auch die Nachbarn." Im Gurktal hänge der Anstieg von häuslicher Gewalt nicht nur mit Zuzügen zusammen: "Die Coronazeit ist nicht spurlos an den Menschen vorüber gegangen und jetzt noch die Inflation. Da wird die Haut dünner", sagt Glanzer.

Die Fälle seien sehr individuell und gehen den Polizistinnen und Polizisten nahe. Der 49-Jährige versucht dennoch den Beruf und die Freizeit zu trennen. "Als Dienststellenleiter sollte ich natürlich immer erreichbar sein, aber beim Motorradfahren, mit der Familie und meinem Dackel kann ich entspannen."