Steve Jobs präsentierte das erste iPad am 27. Januar 2010 vor Vertretern der internationalen Presse. „Mir war damals sofort klar, dass diese neue Gerätekategorie die bis dahin bekannte Medienlandschaft völlig verändern würde“, erinnert sich Isabella Lukasser. Auf mobilen Geräten Fotos und Videos betrachten, bearbeiten, und sie von unterwegs über das Internet mit anderen teilen: Was wenige Jahre später bereits Kinder beherrschten, erschien im Jahr 2010 noch revolutionär. „Steve Jobs hat uns eine völlig neue Technologie gezeigt. Wir haben sie gesehen, aber noch nicht recht verstanden.“

Die junge Frau hatte in Wien Publizistik und Medienwissenschaften studiert. Für die Kleine Zeitung lieferte Lukasser schon in ihrer Studienzeit Interviews und Portraits von anderen Osttirolern, die in Wien Fuß gefasst hatten.

Thomas Totschnig hält dank technischer Unterstützung im Nebenerwerb 37 Milchkühe
Thomas Totschnig hält dank technischer Unterstützung im Nebenerwerb 37 Milchkühe © Christoph Blassnig

Betreuung der Kühe vom Telefon aus

Thomas Totschnig betreibt in Tristach einen landwirtschaftlichen Betrieb mit 37 Milchkühen. Im Haupterwerb arbeitet der Bauer aber 40 Stunden pro Woche in Nachbargemeinde Amlach als Amtsleiter. „Ich habe meine Tiere im Blick, auch wenn ich nicht persönlich vor Ort bin.“ Möglich macht das eine Videoüberwachung im temperaturgeregelten Stall. Ein computergesteuerter Fütterungsroboter mit dem Namen „Butler“ versorgt die Kühe, ein mechatronischer „Kälbermama“-Automat säugt die Kälber.

Über Sensoren in den Halsbändern weiß der Milchbauer über jedes einzelne Tier Bescheid: Wann frisst die Kuh, wann käut sie wieder, wann ruht sie? Wie weit ist der Zyklus fortgeschritten, wann ist es also Zeit, den Tierarzt für die Besamung zu rufen? Alle diese Informationen stehen dem Bauer auf seinem Mobiltelefon rund um die Uhr zur Verfügung. „Etwa alle drei bis vier Stunden schaue ich auf mein Handy, ob alles in Ordnung ist. Wenn es Warnmeldungen gibt, auch öfter.“

Von der analogen in die digitale Arbeitswelt

Die Nachrichtenwelt hatte sich mit dem iPad plötzlich verändert. „Ich hatte in Wien immer meine Mama im Ohr“, lächelt Lukasser. „Wenn du mit der Ausbildung fertig bist, musst du auf eigenen Beinen stehen.“ Das war nicht so leicht wie man meinen könnte, auch nicht in Wien. Printmedien kämpften mit sinkenden Auflagen, Nachrichten verbreiteten sich online.

Lukasser nahm eine Stelle im echo medienhaus an. „Aufgewachsen in der analogen Welt, war ich plötzlich mit dem Content Management für Webseiten betraut. Ich lernte die Grundbegriffe für die Suchmaschinenoptimierung kennen, erhielt Einblick in die Funktion von Datenbanken und begriff die technischen Hintergründe der digitalen Welt.“ Die junge Frau fühlte sich als Vermittlerin zwischen den Kunden und dem Kreativ-Team am wohlsten. Lukasser betreute bekannte Marken und Persönlichkeiten. „Ich habe zum Beispiel den Facebook-Account für die Wiener Stadthalle angelegt.“

Als sie schwanger war, kehrte die Medienexpertin 2012 nach Osttirol zurück: „Kinder wachsen hier gesünder auf.“ Über Online-Seminare blieb die junge Frau am Puls der Zeit. Sie betreute über die Jahre das Marketing und den Webshop für ein Snowboard-Unternehmen, unterstützte in der Coronazeit die Standortagentur INNOS, war Teil der Werbeagentur Bluepuma in Lienz. Seit Februar kümmert sich die Social-Media-Expertin um die Onlineangebote der Tischlerei Forcher Tirol. „Man muss offen sein, mitgehen, darf sich von neuen Dingen nicht einschüchtern lassen. Dann schafft man den Schritt von der analogen in die digitale Welt.“

Arbeitserleichterung in der Landwirtschaft

Auch im Stall in Tristach ist nicht mehr viel wie früher. Seit dem Umbau im Jahr 2016 unterstützen zahlreiche technische Einrichtungen die Bauersfamilie. Mama Birgit und alle vier Kinder helfen trotzdem fleißig mit. Eine Tochter war mit dem Traktor schon im Alter von acht Jahren auf dem Feld unterwegs. Die Pedale musste sie dazu nicht erreichen. Es genügte, das tonnenschwere Arbeitsgerät mit dem Joystick zu manövrieren.

„Die Automatisierung schreitet schnell voran“, erklärt der Landwirt. Moderne Feldmaschinen haben nicht einmal mehr einen Sitzplatz für einen Fahrer. Roboter könnten längst den Stall ausmisten und die Kühe vollautomatisch melken. Aber auch ohne die allerneueste Technik liefern Totschnigs 37 Milchkühe zwischen 300.000 und 400.000 Liter Milch pro Jahr.