Es war im Coronajahr 2020. Da hatte Osttirol ein Drogenproblem. 223 Delikte wurde damals angezeigt. Schaut man sich die Entwicklung der Drogensituation im Bezirk in den letzten fünf Jahren an, so war 2022 ein Ausreißer nach unten mit 152 Delikten. 2023 ist die Zahl auf 209 gestiegen (plus 37,5 Prozent). „In den von beschränkenden Maßnahmen betroffenen Coronajahren traten unvermeidbare Defizite im Bereich der Strukturerhebungen im Suchtmittelbereich auf. Diese konnten durch Arbeitsschwerpunkte ausgeglichen werden“, informiert Bezirkspolizeikommandant Michael Jaufer. Ein Grund für den Anstieg im Vorjahr dürfte auch sein, dass es Kontrollen auf Drogen im Straßenverkehr gibt.

Die Joints machten die Runde

Was ist in Osttirol an Drogen auf dem „Markt“? Die Joints machten die Runde. 2023 waren es wenig überraschend wieder die THC haltigen Produkte, also Cannabis oder landläufig „Gras“, die bei den Ermittlungen der Polizei festgestellt worden sind. Auch Kokain ist im Bezirk als gängige Droge schon seit Jahren im Umlauf, ebenso wie Ecstasy. Und dann macht es das Internet, sprich Darknet, immer einfacher, auch an chemische Substanzen zu kommen. Speed, Crystal Meth oder LSD, diverse Formen von Amphetaminen, sind dort nicht schwer zu haben. Quasi mit einem Klick gibt es Stoff im Netz, der für den Endverbraucher besonders gefährlich, da die Zusammensetzung oft unklar und somit nicht einschätzbar ist.

Bezirkspolizeikommandant Michael Jaufer
Bezirkspolizeikommandant Michael Jaufer © KK/LPD Tirol

Jaufer: „Der Trend zu Drogen aus dem Darknet ließ sich schon 2020 feststellen“. Dieser Bereich werde polizeilich insbesondere im Rahmen präventiver Bestrebungen adressiert und spiegle einen bundesweiten Trend wider. Ansonsten kommen die Drogen laut Jaufer über den Straßen- wie auch Bahnverkehr in den Bezirk: „Unsere Ermittler gehen hier allen denkbaren Möglichkeiten nach.“

Eine Einstufung über die Gefährlichkeit sämtlicher Drogen gibt es seitens Jaufer nicht. „Eine Differenzierung würde zwangsläufig zu einer Verharmlosung von gesetzlich verbotener Substanzen führen“, lässt er wissen.

„Verschwindend geringer Teil von Minderjährigen“

Der Bezirkspolizei-Chef erklärt, dass es auch 2023 selbstverständlich Hausdurchsuchungen im Zusammenhang mit Suchtmitteldelikten gegeben habe: „Der überwiegende Teil der Feststellungen von Suchmitteldelikten konzentriert sich auf das Stadtgebiet von Lienz, jedoch ergeben sich im Rahmen der Ermittlungen immer wieder Querverbindungen zu den unterschiedlichsten Örtlichkeiten im Bezirk und über die Bezirksgrenzen hinaus.“  

Kursierenden Gerüchten, wonach im Bezirk Personen ab zehn Jahren schon Drogen konsumieren, schiebt Jaufer einen Riegel vor: „Der Anteil von Minderjährigen ist vor dem Hintergrund der angezeigten Delikte verschwindend gering.“ Im Gegensatz dazu ortete die Kinder- und Jugendpsychiatrie Innsbruck Anfang dieses Jahres massive Zunahme bei Drogen konsumierenden Jugendlichen. Im Bezirk Lienz wurde dringenden Handlungsbedarf bei Beratung und Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Suchtproblemen gesehen.