Pro von Marco-William Ninaus 

Ob bei strahlenden Sonnenschein im Juli oder tiefen Minustemperaturen im Jänner: Nichts kann mich von meinem E-Scooter trennen. Vielfahrer besitzen schon längst ein eigenes Modell, Gelegenheitscruiser greifen auf die Mietroller zurück. Und die gibt es in Klagenfurt zur Genüge. Zu sagen, dass einzelne Verleihanbieter sowie viele ihrer Kunden rücksichtsvoll durch die Landeshauptstadt fahren, wäre nicht nur übertrieben, sondern falsch. E-Scooter deshalb zu verteufeln, aber ebenso. Und vieles spricht für die kleinen Roller.

Sie sind schwer, mit einer Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h nicht besonders schnell, und laut „Tagespresse“ das „unerotischste Fortbewegungsmittel aller Zeiten“. Vor allem sie sind aber eines: praktisch. Vorbei sind die Zeiten, in denen man nach Anreise per Rad verschwitzt im Büro ankommen musste. Auf nie mehr Wiedersehen an die lästige Parkplatzsuche, die in der Klagenfurter Innenstadt zur Geduldsprobe wird. Und sind wir uns ehrlich: Jeder Renault Twingo, der E-Scooter in der 30er-Zone mit einem „Sicherheitsabstand“ von 10 cm und ordentlichen Geschwindigkeitsüberschuss überholt, ist auch nicht sexy.

Apropos Auto: In Zeiten, wo alternative Mobilitätsmöglichkeiten in aller Munde sind, eine Debatte über die Sinnhaftigkeit von elektrobetriebenen Fahrzeugen zu starten, grenzt an Ironie. Genauso wie E-Scooter für den Bewegungsmangel verantwortlich zu machen, während E-Bikes das Treten in die Pedale zur Fleißaufgabe machen.

Umweltschützer schreien aber zu Recht auf, dass der E-Scooterverleih dem Klima in manchen Städten mehr schadet als hilft. Der einspurige Teufel steckt aber auch hier im Detail. „Als Leihfahrzeug in Innenstädten, wo ÖPNV-Netze gut ausgebaut und die kurzen Wege gut per Fuß und Fahrrad zurückzulegen sind, bringen die Roller eher Nachteile für die Umwelt“, schrieb das deutsche Umweltbundesamt im Herbst 2021. Lindwurmkinder tun sich aber schwer, die Begriffe „gut ausgebaute ÖPNV-Netze“ und „kurze Fuß- und Radwege“ im Klagenfurter Wörterbuch zu finden. Für viele sind E-Scooter also keine Alternative, sondern die einzige Wahl. Angesichts des boomenden Marktes und des jungen Phänomens wird sich auch die Haltbarkeit der Roller verbessern, sind sich Anbieter einig. Entwickeln können sich Dinge aber nur, wenn man sie auch verwendet.

Die Stadt ist gefordert, den Betreibern Grenzen aufzuzeigen und bei Parksündern durchzugreifen. Laut Kfv werden 20 Prozent aller E-Scooter auf schmalen Gehsteigen abgestellt, rund zehn Prozent davon behindern andere. Ein Problem, das sich lösen lässt.
Lassen Sie das Auto beim nächsten Trip zum See stehen und werfen Sie sich auf einen E-Scooter. Sie werden es nicht bereuen.

Kontra von Claudia Lepuch

Es ist eine Tatsache: Miet-E-Scooter haben sich in den letzten Jahren weltweit in Städten etabliert. Auch in Klagenfurt betreiben mittlerweile vier Anbieter ihre Flotten. Ein Bekannter aus Wien, wo die Scooter schon länger zum Stadtbild gehören als in Klagenfurt, warnte mich kurz bevor die ersten Roller Kärntner Boden betraten: "Viel Freude damit. Dann werden die Dinger bei euch auch bald kreuz und quer in der Gegend herumstehen und dir am Gehsteig um die Ohren sausen."

"Der übertreibt doch", dachte ich mir. Mittlerweile ist genau das eingetreten. Die Scooter werden quer über den Gehweg geparkt, liegen im Kreuzungsbereich vor Zebrastreifen und blockieren Radwege. Erst kürzlich war ich Zeuge, als ein Jugendlicher mit seinem Scooter einen Radfahrer am Zebrastreifen so eng überholte, dass dieser zu Sturz kam. Solche Situationen senken die Verkehrssicherheit. Insbesondere für Menschen mit Beeinträchtigung.

Aber die Scooter fahren elektrisch und sind eine emissionsfreie Alternative zum Auto - könnte man meinen. Die Realität sieht anders aus. Laut einer im Jänner 2022 veröffentlichten Studie der ETH Zürich, verursacht ein gemeinsam genutzter E-Scooter im Durchschnitt 51 Gramm CO₂ pro Kilometer mehr als das Verkehrsmittel, das er ersetzt. "Die Quintessenz ist, dass Shared-E-Scooter derzeit das Klima schädigen", sagte Studienautor Daniel Reck in einem Interview mit der Zeitung "Die Zeit".

Weitere Studien zeigen zudem, dass eine E-Scooter-Fahrt zumeist keine Autofahrt, sondern Wege zu Fuß, mit dem Rad oder Bus ersetzt. Und so mancher düst nur zum Spaß herum. 2019 lieferte eine Umfrage unter mehr als 4000 Nutzern von Miet-E-Scootern in Paris folgende Ergebnisse: Fast die Hälfte der Befragten wäre ohne Roller zu Fuß gegangen (47 %), 29 % hätten den ÖPNV genutzt und 9 % wären mit dem Fahrrad gefahren. Nur 8 % hätten statt des E-Scooters das Auto, Taxi oder private Fahrdienstanbieter genommen. 3 % hätten die Fahrt ohne Roller gar nicht unternommen. Die Menschen bewegen sich also noch weniger als vor Einführung der Mietroller. Angesicht der Tatsache, dass Bewegungsmangel längst zum Zivilisationsphänomen geworden und 2,5 Millionen Menschen in Österreich übergewichtig sind, nicht unerheblich.

Natürlich können die E-Scooterbetreiber ihre Flotte in puncto Verkehrssicherheit als auch Klimafreundlichkeit nachrüsten. Potenzial gebe es. Kommunen können den Betrieb zudem stärker reglementieren. Letztlich liegt es aber auch an den Konsumenten: Wird der E-Scooter anstatt der eigenen Füße oder des Fahrrades benutzt, hat das negative Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit. Derzeit bleibt der Miet-E-Scooter für mich deshalb eine Fehlentwicklung.