Eine halbe Million illegaler Bauten soll es in Kroatien geben, mindestens 30.000 sollen seit den 1990er-Jahren entlang der Küste Istriens entstanden sein. Zwar greift der Staat immer öfter hart durch, vor allem Zweitwohnsitze werden medienwirksam binnen 24 Stunden nach Bescheid abgerissen, ein Ende des Wildwuchses ist bisher nicht in Sicht. Zu groß seien die Gewinne, die Bauunternehmen und Immobilienhaie mit den begehrten Grundstücken machen und zu verbreitet sei die Korruption in den Behörden, berichtet index.hr.

Für viel mediales Aufsehen sorgt derzeit die Gemeinde Umag. Mit Drohnen filmten die Gemeindeverantwortlichen die Küste und zeigen die Betonwüste aus Stegen, Treppen, Mauern und privaten Meerzugängen, die widerrechtlich entstanden ist. In einer Presseaussendung warnt man vor einer Besetzung Istriens und spricht von „Usurpation (Anm: widerrechtliche Inbesitznahme), Zerstörung und Privatisierung maritimer Vermögenswerte“: „Zur Schande für uns alle ist Istrien zu einem europäischen Paradies für illegale Bauunternehmer und Usurpatoren geworden. Die Usurpation von Wäldern, landwirtschaftlichen Flächen und Meeresgrundstücken sind ein ‚Krebsgeschwür‘, das unsere Gespanschaft jeden Tag zerfrisst.“ 

Regierung handelt nicht

Verantwortlich für die Zerstörung macht man vor allem Ausländer, insbesondere aus Slowenien, die Grundstücke als Zweitwohnsitze erwerben und geltendes Recht in Kroatien nicht respektieren würden. „Im Gebiet der Stadt Umag haben wir etwa acht Kilometer Küste, die für Kroaten oder Touristen nicht mehr zugänglich ist. Sie wurde besetzt und die zuständigen Regierungsbehörden handeln nicht. Obwohl es um maritimes Eigentum geht, das den Bürgern Kroatiens gehört“, sagte Vili Bassanese, der Bürgermeister von Umag, im Interview mit HRT.

© Screenshot Youtube Grad Umag

Lebensraum schrumpft

Laut dem Bürgermeister sei es unmöglich, die Zahl der illegalen Bewohner in den „istrischen Favelas“ genau zu bestimmen. Man gehe aber davon aus, dass es sich um etwa 30.000 „wilde“ Touristen beziehungsweise Ansiedler handelt. In Istrien gebe es bereits Gemeinden und Städte, in denen die Zahl der vorübergehenden Einwohner die Zahl der ständigen einheimischen Einwohner übersteigen würde: „Unser Lebensraum schrumpft täglich und es entstehen Probleme, die bereits jetzt die Lebensqualität der Einwohner Istriens gefährden“, stellen die Vertreter der Gemeinde Umag fest.

Freier Meerzugang

Laut kroatischem Gesetz sind die Küsten Allgemeingut und müssen jedem Bürger frei zugänglich sein. Auf einem Streifen von 70 Metern von der Küstenlinie ins Landesinnere herrscht striktes Bauverbot. Für jede Veränderung braucht es eine Baugenehmigung. Die Besitzer der Villen würden dieses Recht missachten und schützen ihr teuer erbautes Anwesen und die Meerzugänge mit Mauern, bauen sich betonierte Liegeplätze und hindern Einheimische und Urlauber an der freien Nutzung der Küste.