Das Momentum war nie größer, dennoch sind die Erwartungen gebremst. Eine Mehrheit von über 100 Staaten verlangt auf der UN-Klimakonferenz in Dubai (COP28), im Schlusstext festzuhalten, dass es erforderlich ist, weltweit aus dem Verbrennen fossiler Energieträger auszusteigen. Eine Annahme der Formel wäre eine spektakuläre Premiere, der Hauptverursacher der globalen Erhitzung wäre endlich ohne Umschweife beim Namen genannt. Nur entscheiden auf Klimakonferenzen eben nicht Mehrheiten, es gilt das Konsensprinzip. Und das bedeutet: Auch ein einzelner Staat kann per Veto jeden Beschluss verhindern.

Die Speerspitze des fossilen Bollwerks bildet mit Saudi-Arabien der weltgrößte Erdöl-Exporteur. Unterstützung für die Saudis gibt es laut Verhandlern vom nach außen hin weniger offensiv auftretenden Russland. Schon vor Tagen ließ der saudische Energieminister Abdulasis bin Salman wissen, er werde einem Aus für die Fossilen „absolut nicht“ zustimmen. Lieber möchte sich das Königreich auf das Pflanzen von zehn Milliarden Bäumen und Techniken zur CO₂-Abscheidung konzentrieren. Wie groß die Nervosität ist, zeigt auch jener Brief des OPEC-Generalsekretärs an alle Mitgliedsstaaten, der am Wochenende publik geworden ist. Haitham al-Ghais forderte darin die erdölexportierenden Länder auf, „proaktiv jeden Text oder jede Formulierung zurückzuweisen“, die sich gegen fossile Energie richte.

Suche nach einer Formulierung

Der aktuelle Entwurfstext der emiratischen COP-Präsidentschaft enthält vorerst fünf mögliche Optionen zum Umgang mit der Grundsatzfrage. Neben mehreren Formulierungen zum schrittweisen Ausstieg („phase out“) existiert auch eine Variante ganz ohne Erwähnung der Fossilenergie. Für Montag wurde ein neuer Textentwurf angekündigt.

Deutlich größer ist die Übereinstimmung der Staaten indes bei anderen zentralen Fragen der Konferenz. Der ehrgeizige Plan, den Ausbau erneuerbarer Energieträger bis 2030 zu verdreifachen, hat gute Chancen auf Beschluss, auch zum neuen Fonds zur Abgeltung klimabedingter Schäden („Loss and Damage“) konnte überraschend früh Einigkeit erzielt werden. Bislang gibt es Finanzierungszusagen von in Summe mehr als 500 Millionen Euro.

Gewessler: Aus für Fossile alternativenlos

Für Österreichs Chef-Verhandlerin in Dubai, Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne), ist noch offen, wer sich in der Frage der Fossilenergie am Ende durchsetzen wird. Dass die Klimakrise ohne tatsächliches Zurückfahren des Öl-, Kohle- und Gasverbrauchs entschärft werden könnte, hält sie für ausgeschlossen. „CO2 abzuscheiden und nachträglich unterirdisch einzuspeichern ist unglaublich teuer. Wir werden die Technik brauchen, um die letzten, nicht vermeidbaren Emissionen wegzubekommen, aber in Summe kommen wir nicht darum herum, die fossilen Energieträger auslaufen zu lassen“, sagt Gewessler.

Kommt Aus für umweltschädlich Förderungen?

Österreich legte sich am Wochenende außerdem fest, 35 Millionen Euro in den Geldtopf für Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel einzuzahlen. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) schloss sich indes einer Initiative der Niederlande an, umweltschädliche Subventionen abzuschaffen. In Österreich belaufen sich diese direkten und indirekten Stützungen laut einer Untersuchung des WIFO auf bis zu 5,7 Milliarden Euro jährlich. Diese klimatechnisch kontraproduktiven Begünstigungen zurückzufahren, wäre auch im türkis-grünen Regierungsprogramm vorgesehen. Vor allem innerhalb der ÖVP war derartiges bislang allerdings nicht durchzusetzen.