Selbst Donald Trump findet die Sache ausgesprochen „traurig“. „Ich habe einfach solchen Respekt für die Königin“, erklärte Trump seinem Lieblingssender Fox News. „So hätte man sie nicht behandeln dürfen.“ Womit der Präsident den Ausstieg des Herzogs und der Herzogin von Sussex aus dem inneren Kreis der königlichen Familie meinte. Und dass man Ihre Majestät nicht um ihre Meinung gefragt hatte vorher.

Auch viele Briten haben „denen von Sussex“ ihre Überraschungsaktion übel genommen. Vor allem Meghan, die US-amerikanische Ex-Filmschauspielerin, die ihrem Prinzen vor zwei Jahren nach London folgte, wird von Royalisten für die neueste Krise der Monarchie verantwortlich gemacht. Nur zwanzig Monate nach ihrem Eheschluss kehre Meghan dem Königshaus bereits wieder den Rücken, lautet die Klage. Und diesmal, auf dem Weg zurück in die „Neue Welt“, ziehe sie Harry mit.

Diese Einschätzung deckt sich mit der eines Großteils der Presse in Großbritannien, die schon lang auf einen „Megxit“ wartete. Die einflussreiche Daily Mail etwa macht die Herzogin haftbar für das „schäbige Verhalten“ des Paares gegenüber der Monarchin. „Meg“ pflege immer schnell abzuhauen, wenn sie ihren Willen nicht bekomme, zitiert die Zeitung „alte Freunde“ Markles. Niemand, der sie kenne, sei überrascht davon, dass sie „das königliche Schiff schon wieder verlässt“. Mittlerweile beginne klar zu werden, war auf der Titelseite zu lesen, dass Meghan mit Harry „ganz nach Kanada ziehen“, London also für immer den Rücken kehren will.

Nun ist Meghan vorige Woche in der Tat nach drei kurzen Tagen in London unverzüglich wieder nach Vancouver zurückgeflogen, wo sie zuvor sechs Wochen Weihnachtsurlaub mit Harry und Söhnchen Archie verbracht hatte und wohin – wie man gestern erfuhr – bereits ihre beiden Hunde übersiedelt sind.

Harry selbst sitzt quasi auf den Koffern an der Themse. Er will seiner Frau folgen, sobald es geht. Vorher muss allerdings eine Lösung gefunden werden, wie sich das Paar künftig mehr Freiraum soll verschaffen können, ohne dass es die Zugehörigkeit zum Königshaus verliert. Schon am Wochenende ist intensiv über ein neuartiges Modell royaler Teilzeit-Jobs verhandelt worden, wie es den Sussex-Royals offenbar vorschwebt. Mit Harry im Gespräch sind Top-Berater der Queen, Vater Charles und Bruder William sowie Repräsentanten der britischen und kanadischen Regierung, da es auch um die künftige kostspielige Sicherheit des Paares geht, das sich in Kanada eine feste Bleibe zulegen will.

In den nächsten Tagen hoffen die Parteien zudem zu klären, wie viel kommerzielle Eigeninitiative Harry und Meghan zugestanden werden kann, ohne dass diese sich dem Vorwurf aussetzen, ihren royalen Status in privaten Profit umzumünzen. Und wie viel Unterstützung ihnen weiter vom britischen Staat zuteilwerden soll.

Queen beruft Familienrat ein

Ganz selbstverständlich hatten beide ja zum Beispiel, als sie vorige Woche ihre Entscheidung für eine „progressive neue Rolle“ auf der Weltbühne bekannt gaben, das ihnen von der Königin zur Verfügung gestellte Anwesen Frogmore Cottage auf dem Windsor-Gelände als ihre weitere Basis im Königreich bezeichnet. Dieser beiläufige Anspruch hatte ihnen scharfe Kommentare eingetragen, zumal Frogmore Cottage vor zwei Jahren erst für 2,4 Millionen Pfund Steuergelder für sie restauriert worden war.

Dennoch hoffen alle Beteiligten auf eine rasche Lösung, um die aktuelle Krise schnellstmöglich einzudämmen. Für den heutigen Montag hat die Monarchin einen Krisengipfel der königlichen „Firma“ ins Schlösschen Sandringham in Ostengland einberufen, in dem sie wie immer einige Winterwochen verbringt. Charles, der sich bisher in Schottland aufhielt, und seine beiden Söhne sollen teilnehmen. Meghan darf sich aus Kanada zuschalten, wenn sie etwas zu sagen wünscht.

Wie sehr diese Krise das Königshaus schon erfasst hat, ließ sich an einem Bericht der königstreuen Sunday Times ablesen, in dem es hieß, Prinz William bringe es nicht mehr über sich, noch „den Arm um meinen Bruder zu legen“. Wachsende Distanz zwischen ihm und Harry war ja schon im letzten Jahr sichtbar geworden. Harry hatte erklärt, er und sein Bruder hätten „gute Tage“ und „schlechte Tage“ in ihrer Beziehung und fänden sich nun „auf unterschiedlichen Wegen“. William soll sich „betrübt“ darüber gezeigt haben, dass sich die engen Familienbande immer mehr lösten und die königliche Familie „kein Team“ mehr sei.
Die „Firmenleitung“ der Windsors, unter Elizabeth II. und Prinz Charles, will vor allem den Eindruck vermeiden, dass ein herzloses Königreich die 2018 zur „Firma“ gestoßene Tochter einer schwarzen Mutter „vertrieben“ habe – dass ein Mangel an herzlicher Aufnahme im Familienkreis und eine Flut boshafter Berichte in der Insel-Presse Meghan letztlich zur Flucht heim nach Nordamerika gezwungen hätten.

Zwei Lager stehen sich gegenüber

Meghan-Fans glauben – wie Harry selbst – schon seit Jahren sexistische und oft auch rassistische Motive bei der Berichterstattung über Meghan ausgemacht zu haben. Gerade schwarze Briten, meint Sunder Katwala vom Thinktank „British Future“, hielten die gegenwärtige Klage darüber, dass Meghan den Briten ihren geliebten Harry „gestohlen“ habe, für äußerst perfid.

Trotzig stehen sich so in diesem Jänner zwei Lager in der britischen Bevölkerung gegenüber, von denen das eine Meghan als kalte Akteurin einstuft, die alles von langer Hand so geplant habe, um sich persönliche Vorteile zu verschaffen – während das andere sie und Harry als Rebellen betrachtet, deren Initiative das offenkundige Manko einer verstaubten Monarchie bloßgelegt habe, und deren Freiheitsdrang Bewunderung verdiene.