Am einen Ende der Leitung verzweifeln die Menschen, weil sie trotz Symptomen nicht als Verdachtsfall gelten und deshalb nicht getestet werden. Am anderen Ende der Leitung herrschen Frust und Überforderung. Die letzten Tage und Wochen haben gezeigt – die Corona-Krise ist auch eine Kapazitäten-Krise. Besonders deutlich wurde das bei Testungen und der ersten Anlaufstelle für ebendiese.

Personelle Engpässe trotz Aufstockung

Anfang vergangener Woche gingen bei der Gesundheitshotline 1450 alleine in Wien über 20.000 Notrufe binnen 24 Stunden ein. Mittlerweile hat sich die Zahl der Anrufe auf 2000-4000 pro Tag eingependelt. Gestern haben „nur mehr“ 3.624 Menschen angerufen. Der Frust beim medizinischen Fachpersonal, das am anderen Ende der Leitung sitzt, ist trotzdem groß. „Das Stress-Level ist extrem hoch, wir sind als Team absolut ausgelaugt,“ berichtet eine medizinische Mitarbeiterin der Hotline.

Obwohl von 30 auf 300 Mitarbeiter aufgestockt wurde und dadurch auch die Wartezeit gesunken ist, gibt es nach wie vor Engpässe. „Wir waren mehrere Male kurz davor, das Band einzuschalten, weil wir nicht mehr genug medizinisches Fachpersonal hatten, um zu triagieren. Also um zu entscheiden, wer sofort behandelt werden muss und wer nicht,“ so die Mitarbeiterin.

Hygienische Mindeststandards nicht eingehalten

Hinzu komme, dass ausgerechnet bei der Gesundheitshotline hygienische Mindeststandards und Sicherheitsabstände nicht von Beginn an eingehalten worden wären: „Es gibt mittlerweile zwar einen zweiten Standort, aber wir sitzen trotzdem in einem großen Büro mit nur etwas mehr Abstand zueinander“. Bei den aktuell notwendigen Einschulungen von MedizinstudentInnen sei außerdem der Sicherheitsabstand nicht einhaltbar. Eine Zeit lang mussten sogar Headsets geteilt werden, weil nicht ausreichend vorhanden waren. Obwohl die Hotline 24/7 besetzt ist, sei an Wochenenden außerdem nicht gereinigt worden. Vergangene Woche kam es dann zum Eklat: „Wir haben überlegt zu streiken, weil keine Desinfektionstücher oder Desinfektionsmittel für die Reinigung der Wechselarbeitsplätze zur Verfügung standen“.

Zum Streik kam es bisher nicht. Der Fonds Soziales Wien, dem 1450 unterstellt ist, verweist darauf, dass die meisten Missstände bereits behoben wurden. Dass es vor allem in der Anfangsphase aufgrund der „ungeplanten Expansion“ zu Problemen gekommen ist, was die Arbeitsplätze und die räumlichen Gegebenheiten betrifft, sei unbestritten, bestätigt ein Sprecher des FSW. Mittlerweile gebe es aber zwei Standorte, die mit ausreichend Desinfektionsmittel und Headsets für alle MitarbeiterInnen ausgestattet sind. Und auch was die Reinigung betrifft, habe der Dienstleister zugesichert, das Problem behoben zu haben.

Home Office technisch "nicht umsetzbar"

Diese Maßnahmen müssen wohl vorerst genügen. Noch sicherer für die MitarbeiterInnen wäre es, von zuhause aus zu arbeiten. Ein Arbeiten im Home Office sei ob der technischen Möglichkeiten aktuell aber nicht umsetzbar, so der Sprecher des Fonds Soziales Wien. In anderen Bundesländern wie Niederösterreich sitzen 1450-Mitarbeiter aber sehr wohl im Home Office und nicht wie in Wien in einem Call-Center.

Nächste Woche soll das Kernteam von 1450 sechs zusätzliche medizinische Fachkräfte zur Unterstützung bekommen. Man hofft dadurch auf Entlastung. Ob diese ob des neuen Mottos der Bunderegierung – testen, testen, testen – auch eintreten wird, bleibt vorerst offen. Schließlich müssen die Tests ja auch vermittelt werden.