Sicherheitskräfte haben in Myanmar offenbar erneut mit scharfer Munition auf Demonstranten geschossen und mindestens sieben Menschen getötet. Fotos in sozialen Netzwerken zeigten blutüberströmte Leichen. Die meisten sollen mit gezielten Kopfschüssen niedergestreckt worden sein. Das Militär bekräftigte unterdessen, es werde nur für eine bestimmte Zeit an der Macht bleiben. Der inhaftierten De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi warf die Junta Korruption vor.

Aung San Suu Kyi habe in ihrer Amtszeit illegale Zahlungen von insgesamt 600.000 Dollar sowie Gold entgegengenommen, sagte Brigadegeneral Zaw Min Tun, der als Sprecher der Militärregierung fungiert, in der Hauptstadt Naypyitaw. Entsprechende Informationen seien bestätigt worden, viele Menschen seien befragt worden. An der Korruption seien auch Präsident Win Myint und mehrere Kabinettsmitglieder beteiligt gewesen. Win Myint habe die Wahlkommission gedrängt, nicht auf Berichte des Militärs über Unregelmäßigkeiten zu reagieren. Zugleich kündigte Min Tun an: "Wir werden eine Wahl abhalten, und dann werden wir die Regierungsgeschäfte an die Siegerpartei übergeben".

Brutale Vorgehensweise

Derweil gehen die Sicherheitskräfte immer brutaler gegen die Demonstranten vor. In der Gemeinde Myaing im Zentrum des Landes habe eine Gruppe Menschen vor einer Polizeistation protestiert, um die Freilassung von drei zuvor festgenommenen Mitbürgern zu fordern, sagte ein Augenzeuge der Deutschen Presse-Agentur. "Die Polizei hat zunächst mit Tränengas und Gummigeschoßen gezielt und dann scharf geschossen", sagte der Mann. "Sechs Menschen sind gestorben, darunter einer meiner Freunde." Viele weitere seien verletzt worden.

In der Gemeinde North Dagon im östlichen Teil der früheren Hauptstadt Yangon starb ebenfalls mindestens ein Demonstrant. "Wir waren etwa 100 Teilnehmer. In vorderster Reihe standen Demonstranten mit selbst angefertigten Schutzschildern", sagte ein Augenzeuge. "Das Militär hat direkt auf sie gezielt." Es habe auch zwei Verletzte gegeben, so der Mann weiter. Auch aus anderen Landesteilen wurden gewalttätige Polizeiaktionen mit möglicherweise weiteren Todesopfern gemeldet.

Tägliche Massendemonstrationen

Seit das Militär die Macht an sich gerissen und die zivile Regierung abgesetzt hat, kommt es praktisch täglich zu Massendemonstrationen. Noch vor den erneuten Protesten am Donnerstag hatte die Gefangenenhilfsorganisation AAPP die Zahl der getöteten Demonstranten mit mehr als 60 angegeben, rund 2.000 seien festgenommen worden. Unter den Festgenommenen sind auch Suu Kyi und etliche Führungsfiguren ihrer Partei Nationale Liga für Demokratie (NLD). Auch mehrere Journalisten wurden festgenommen. Diese hätten zu Unruhen aufgerufen, sagte der Sprecher der Militärregierung. "Wir beschränken nicht alle Medien", fügte Min Tun hinzu.

Stellungnahme des Außenministeriums

Das Außenministerium in Wien zeigte sich in einer kurzen Mitteilung auf Twitter entsetzt. Man sei "sehr besorgt über die weitere Verschlechterung der Situation in Mynamar. Die Anwendung tödlicher Gewalt gegen friedliche Demonstranten ist eine schwerwiegende Menschenrechtsverletzung. Wir haben die kollektive Verantwortung, diejenigen zur Rechenschaft zu ziehen, die solche Verbrechen begehen."

Österreichs Grüne machen sich unterdessen für Sanktionsmaßnahmen gegen die Junta zumindest auf europäischer Ebene stark. "Dem furchtbaren Treiben einfach zuzusehen, kann für demokratische Staaten, welche die Universalität der Menschenrechte nicht als leeren Begriff erachten, keine Option sein", betonte die Menschenrechts- und Außenpolitiksprecherin der Grünen, Ewa Ernst-Dziedzic, am Donnerstag.

"Die myanmarische Militärjunta führt offen Krieg gegen die eigene Bevölkerung. Die Putschisten haben offenbar jeglichen Respekt vor menschlichem Leben verloren, Respekt vor dem Willen des Volkes hatten sie ohnehin nie", sagt Ernst-Dziedzic angesichts neuester Untersuchungen von Amnesty International. Demnach häufen sich Berichte, denen zufolge gezielt scharf auf Demonstranten geschossen würde. Auch die Nachricht, dass ein Abgeordneter der Partei NLD der vom Militär abgesetzten Regierungschefin Aung San Suu Kyi nach seiner Festnahme gestorben ist, sei zutiefst beunruhigend, so Ernst-Dziedzic.

Keine Sanktionen der UNO

Leider konnte sich der UNO-Sicherheitsrat am Mittwoch abermals nicht dazu durchringen, die Dinge beim Namen zu nennen und den Putsch als solchen zu verurteilen, von etwaigen Sanktionsmaßnahmen ganz zu schweigen, bemängelt die Abgeordnete. Staaten wie China, Russland, Indien und Vietnam würden dem Unrechtsregime nach wie vor die Stange halten. "Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus", sagt Ernst-Dziedzic. Daher müsse man zumindest auf europäischer Ebene versuchen, entsprechende Sanktionsmaßnahmen voranzutreiben.

Der UNO-Sicherheitsrat hatte die Gewalt in Myanmar scharf kritisiert. Alle Festgenommenen müssten sofort wieder freigelassen werden, forderte das Gremium in einer bei einer kurzfristig angesetzten Sitzung verabschiedeten Stellungnahme. Das Militär forderte der Rat zur "äußersten Zurückhaltung" auf. Die Situation werde weiter genau beobachtet, kündigten die 15 Mitglieder an.