Jener 67-jährige Vater, der in Holland neun Jahre isoliert mit seiner Familie gelebt haben soll, war kurzzeitig Mitglied der Vereinigungskirche. Den Umstand hatte die Bewegung am Freitag bestätigt. "Wir können bestätigen, dass der Vater der Kinder, (...), Mitte der 1980er Jahre kurz Mitglied unserer Bewegung war, und dass er an psychischen Problemen litt", hieß es in einer Aussendung. Im Jahr 1987 sei er aus der Organisation ausgetreten. Der Bruder des mittlerweile Verhafteten ist ein langjähriges Mitglied der Vereinigungskirche. Er habe "schon lange keinen Kontakt mehr zu ihm", hieß es weiter. „Ich habe seit 1984 nichts mehr von meinem Bruder gehört.“ Zudem bestätigte die Kirche, dass der verdächtige Österreicher kein Mitglied und auch nicht mit der Kirche verbunden gewesen sei.

Eigene Dating-Plattform

Die Vereinigungskirche, die auch unter dem Namen Moon-Bewegung bekannt ist, hat vor allem in den 1970er Jahren immer wieder für negative Schlagzeilen gesorgt. Damals war sie für ihre Massenhochzeiten bekannt. Der Gründer der Bewegung Sun Myung Moon (auch San Myung Mun, offiziell: Rev. Moon), der 2012 verstarb, hatte sich als „Messias“ und als „zweiten Jesus“ gesehen, schildert Psychologin Ulrike Schiesser von der "Bundesstelle für Sektenfragen". „Er hat Menschen miteinander verheiratet, die sich gar nicht gekannt haben, oft aus verschiedenen Kulturen.“ Die Mitglieder hätten sehr hart für die Gemeinschaft arbeiten müssen, zum Beispiel jahrelang Geld eintreiben oder Mitglieder gewinnen. „Sie waren teils auch isoliert, häufig waren auch Abbrüche der Beziehungen zu den Familien“, erklärt Schiesser weiter.

Damals, in den 1970 und 80er Jahren, hätte es sehr viel Kritik gegeben. In letzter Zeit sei es aber ruhiger geworden. Die Bewegung habe sich „mehr den Zeiten angepasst“ und „verändert“. Zum Beispiel was die Beziehungen betrifft. Es würde zwar immer noch gewünscht, dass innerhalb der Gemeinschaft geheiratet wird, aber es gäbe mittlerweile ein Mitspracherecht und sogar eine Dating-Plattform, wo sich die Mitglieder kennenlernen können.

Die Kritikpunkte, die es in den 70er Jahren gab, würden in dieser Form heute nicht mehr zutreffen, präzisiert die Expertin. Es gäbe heutzutage auch weniger Anfragen bei der „Bundesstelle für Sektenfragen“. Wenn ja, dann sei die Kritik meist dahingehend, dass sie beim Anwerben von Mitgliedern „nicht transparent auftreten würden“.

Friede, Familie und Frauen

Friede ist in der Bewegung heutzutage ein ganz wichtiges Thema, ebenso wie Familie und Frauen. Grundsätzlich stehe die Frau dem Mann in der Bewegung unter, so Schiesser. Die Bewegung hätte auch eine „eigene“ Bibelauslegung. Grundsätzlich folge die Bewegung ein hierarchisches System. Die Bewegung sei sehr bemüht, Kontakte in der Wirtschaft und in der Politik zu knüpfen. Laut Schiesser gäbe es eine Reihe von Unterorganisationen, die nicht eindeutig zuordenbar seien, was immer wieder zu Kritik führen würde.

Nach eigenen Angaben sind weltweit etwa drei Millionen Anhänger in rund 200 Ländern missionarisch aktiv. (Quelle: Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen). Die Vereinigungskirche in Österreich zählt laut eigenen Angaben rund 700 Mitglieder. Seit 2015 ist die Vereinigungskirche in Österreich eine Bekenntnisgemeinschaft. Das ist eine Vorstufe, wenn man die Anerkennung als Religionsgemeinschaft anstrebt.