Dann hieß es von der Moderatorin „Bühne frei für unseren Volkskanzler Herbert Kickl“. Und der FPÖ-Chef ließ sich nicht lange bitten: Es dauert keine zwei Minuten, bis der FPÖ-Obmann bei einem seiner Lieblingsthemen landet, dem ORF und der seit Jahresbeginn gültigen Haushaltsabgabe oder „Zwangsabgabe“, wie es im FPÖ-Jargon heißt. Diesen sieht er in den Händen von „Linksradikalen“ und „falschen schwarzen Fuffzigern“, wie Kickl die ÖVP nennt. An der Regierung werde man im ORF aufräumen, verspricht der FPÖ-Chef unter dem Applaus seines – zahlenden, wie er zu Beginn betonte – Publikums.

2024 werde „ein Jahr der Entscheidung“, aber diese werde – so Kickl in Anspielung auf die Rede von ÖVP-Obmann Karl Nehammer Ende Jänner in Wels – keine „zwischen ihm und mir“, sondern eine zwischen „der AKA - der rot-schwarzen-grünen Anti-Kickl-Allianz – und dem Volk“, als dessen alleiniger Vertreter sich an diesem Abend einmal mehr die FPÖ betrachtet und inszeniert. All die anderen bezeichnet Kickl taxfrei als „Volksverräter“. Und wer sich über diesen – historisch mehr als belasteten – Begriff aufrege, könne sich ja in der Hofburg beim Bundespräsidenten beschweren.

Kickls Frontalattacken als „a bissale a Kopfwäsche“

Über dessen Appell zur sprachlichen Mäßigung im Vorfeld der Reden zum politischen Aschermittwoch drehte Kickl dann auch prompt gegen Alexander Van der Bellen, der ja selbst gegen die FPÖ polarisiere.

Den ersten wirklich großen Jubel erntete der FPÖ-Chef aber, als er – nachdem er zuvor schon den Verfassungsschutz in der Rieder Jahnturnhalle begrüßte – mit dem „lieben ORF, liebes ATV, Puls 4, lieber Standard“ die „Mainstreammedien“ höhnisch willkommen hieß. Diesen warf er in Bezug auf die FPÖ „Fakenews“ vor.

Auch Kickl war jedoch, wie zuvor schon Haimbuchner, bemüht, seine Wortwahl kleinzureden und zu relativieren als „a bissale a Kopfwäsche für die politischen Gegner“, die sich durch eine „farbige Wortwahl und deftige Attacken gegen die politischen Gegner kennzeichne“. Kickl stellte sich in der Folge als legitimer politischer Erbe Jörg Haiders dar: „Der Jörg Haider hat recht gehabt und die Vertreter der ‚Einheitspartei“ haben Unrecht gehabt. Und genau wie sie auf ihn eingeprügelt haben, so prügeln sie jetzt auf uns ein.“

Natürlich nahm Kickl – „Remigration ist Trumpf, es spricht nichts gegen einen Geheimplan“ – Haimbuchners Vorlage auf. Das seien allesamt „Gebote des Hausverstands“, aber beileibe kein Zeichen von Rechtsextremismus“, wie es die Kritiker behaupten würden – allen voran die ÖVP unter Nehammer. Tatsächlich sei die FPÖ wie auch er selbst „punktgenau in der Mitte der Gesellschaft, wir sind dort, wo die schweigende Mehrheit ist.“ Die FPÖ werde mit Sicherheit nicht „den billigen Jakob“ geben, um einen Zipfel der Macht zu erhalten. Stattdessen gehe es ihm 2024 darum, „die Strukturen des Systems aufzubrechen“.

Ein allfälliges Bündnis anderer Parteien gegen eine Kanzlerschaft Kickls bezeichnete Kickl vorsorglich schon einmal als „Koalition der Verlierer und undemokratisch“.

Haimbuchner schießt scharf gegen Migranten

Als Vorredner für Kickl ließ sich Haimbuchner nicht lange bitten: „Wir werden jeden Einzelnen außer Landes schaffen, der sich illegal im Land aufhält. Wir werden dem demokratischen Rechtsstaat wieder zum Durchbruch verhelfen. Das ist kein Geheimplan, sondern ein Versprechen der FPÖ“, spielte Oberösterreichs Landeschef an den berüchtigten Plan für eine großflächige „Remigration“ von Ausländern, die der ehemalige Chef der Identitären bei einem Geheimtreffen in Potsdam präsentiert haben soll.

Und Haimbuchner weiter: „Aber wer legal nach Österreich gekommen ist, wer seinen Lebensunterhalt redlich verdient, wer sich anpasst und nach unseren Werten lebt, der hat von der FPÖ nichts zu befürchten. Ganz im Gegenteil: Jeder ausländische Hackler verdient unseren vollen Respekt – mehr als die wohlstandsverwahrlosten ‚Gfraster‘, die jeden Morgen die Einfahrten zu unseren Städten lahmlegen.“

Weitere Feindbilder, gegen die der stellvertretende Landeshauptmann Oberösterreichs unter dem Jubel des Publikums polemisierte, waren Bundespräsident Alexander Van der Bellen – „wir können das Ende seiner Amtszeit kaum abwarten“ –, Bundeskanzler Karl Nehammer – „echte Männer trinken echtes Bier ex, liebe Freunde!“ – sowie sämtliche Kritiker der FPÖ, allen voran die „Omas gegen rechts“: „Wenn gegen uns demonstriert wird, dann wissen wir, dass wir auf dem rechten Weg sind.“

Dass die scharfe Kritik nicht wortwörtlich zu verstehen sei, ließ Haimbuchner immer wieder durchblicken: „Keine Sorge, am Aschermittwoch ist nicht alles bierernst zu nehmen, denn das ist der verlängerte Fasching, nur dass das auch gesagt ist.“

Vor Beginn demonstrierten „Omas gegen rechts“ in Ried

Der am Abend in der Jahnturnhalle in Ried über die Bühne gehenden Aschermittwochsveranstaltung der FPÖ ist in diesem Jahr nach - vor allem coronabedingten - Pausen wieder eine Gegendemonstration vorangegangen. Zum 31. Mal nutzen die Blauen den Tag des Faschingskehraus für ihr politisches Aufräumen. Anlass für die "Omas gegen Rechts" ein friedliches Zeichen für eine "demokratische und weltoffene Gesellschaft" zu setzen. Ihrem Aufruf folgten zwischen 200 und 300 Personen.

2.000 FPÖ-Anhänger wurden erwartet

Zudem war bereits für 16 Uhr in der "Giesserei" in Ried vom Verein Kultur.Land.Impulse zu einem "kulturpolitischen Aschermittwoch" u.a. mit dem Vortrag der Historikerin der Uni Salzburg Margit Reiter zum Thema "Aus alt wird neu? Der Nationalsozialismus und die Anfänge der FPÖ - eine Spurensuche" geladen worden. Zur selben Zeit versammelten sich die Demonstranten für "ein Zusammenhalten gegen Rechts" am Bahnhof in Ried. Mit "Wehrt Euch, leistet Widerstand, gegen den Faschismus hier im Land, geht auf die Barrikaden, geht auf die Barrikaden" stimmten sie sich singend auf ihren Zug durch die Stadt ein. Eine halbe Stunde später hatten die Demonstranten ihr Ziel, den Marktplatz gegenüber der Jahnturnhalle, erreicht, um dort ein Lichtermeer gegen Faschismus mit Handys und Feuerzeugen auszubreiten. "Wir brauchen keinen Kickl, mit dem gibt's nur an Wickl" wurde ein Plakat mit Blickrichtung auf die andere Straßenseite hoch gehalten.

Dort hatte sich bereits eine lange Schlange von FPÖ-Sympathisanten vor dem Turnhalleneingang gebildet. Für 18 Euro erwarten die rund 2.000 Anhänger außer Heringsschmaus und einem Getränk Deftiges von der Parteispitze. Zum zweiten Mal wird Herbert Kickl ans Rednerpult treten. Bereits zu Mittag hatte Bundespräsident Alexander Van der Bellen die Parteien - auch ÖVP und SPÖ haben in Kärnten bzw. der Steiermark zum politischen Aschermittwoch geladen - aufgerufen, sich in ihren Ansprachen im Ton zu mäßigen. Man soll sich nicht über "die Anderen" lustig machen, auf sie herabsehen oder als "die Bösen, die Unfähigen, die Korrupten" hinstellen. Er als "Bundespräsident, als Bürger, als Mitmensch, vielleicht auch manchmal als 'der Andere'" bitte darum, innezuhalten. "Die Ereignisse in den letzten Tagen und das bevorstehende Wahljahr machen es mehr denn je notwendig", so die mahnenden Worte des Bundespräsidenten.