Ende März ist Liliia Ovchinnikova mit Mutter, Mann und ihren sechs Kindern aus dem besetzten Südosten der Ukraine nach Österreich geflohen. In einem Pfarrhaus in Klagenfurt fand die Familie Unterschlupf. Fast zwei Monate später, am 19. Mai, soll sie erstmals Geld vom österreichischen Staat erhalten. Bis dahin muss die Zivilgesellschaft einspringen.

Die Familie ist nicht die einzige, die derzeit vor dieser Herausforderung steht. 68.000 Geflohene aus der Ukraine wurden laut Innenministerium bisher in Österreich erfasst, 40.000 bis 42.000 davon sind aktuell in der Grundversorgung. Doch viele von ihnen warten seit Wochen auf entsprechende Zahlungen.

Langes Warten auf die Gundversorgung

Ohne die Hilfe von Kirche, Caritas und Freiwilligen „hätten wir diese zwei Monate in Österreich nicht überleben können“, sagt Lillia Ovchinnikova. Ihre Familie hat Glück, dass sie keine Miete zahlen muss: Nach Wochen ohne Geld würden die ersten private Unterkünfte verlieren, erzählt Nina Andresen von der Hilfsorganisation „Train of Hope“. Die Geflüchteten würden die Grundversorgung zwar rückwirkend erhalten, aber „wie man rückwirkend seinen Hunger stillen soll, hat mir noch keiner erklären können“.

In der Wiener Engerthstraße betreibt „Train of Hope“ ein Ankunftszentrum, in dem die Geflüchteten versorgt und auf Unterkünfte im Land verteilt werden. Nun würden laufend Frauen und Kinder vor allem aus Niederösterreich zurück in die Ankunftshalle kommen, um sich eine warme Mahlzeit und grundlegende Hygieneprodukte wie Windeln und Binden abzuholen, erzählt Andresen. Dass sich die Geflüchteten für hygienische Grundversorgung teils stundenlang in den Zug setzen müssten, findet sie „menschenunwürdig“. Ohnehin sei die Grundversorgung vor allem für Mütter zu niedrig: „Wie soll ich ein Kleinkind mit 100 Euro im Monat versorgen?“

"Kein Cent" für Ankunftszentrum

Vom Staat wird „Train of Hope“ kaum unterstützt. Die Stadt Wien stellt Halle, Corona-Teststraße, eine psychologische Ansprechperson und einzelne Mahlzeiten zur Verfügung. Alles andere von regelmäßigem, warmen Essen über Kleidung, Hygieneprodukte, Übersetzer und Kinderbetreuung leistet die Zivilgesellschaft. „Train of Hope“ finanziert sich aus Spenden, der Bund habe zur Halle „keinen Cent“ beigetragen, sagt Andresen.

„Eine Schande“, findet das Tanja Maier, die seit Wochen als Freiwillige am Wiener Hauptbahnhof arbeitet und seit Kurzem selbst Essensgutscheine für ukrainische Flüchtlinge sammelt und verteilt. Auch sie kennt viele Fälle, in denen die Grundversorgung noch nicht ausgezahlt wurde - obwohl die Geflüchteten teils seit Monaten in Österreich sind. Das System sei so kompliziert, dass selbst österreichische Gastgeberinnen und Gastgeber nicht durchblicken würden.

Streitpunkt Zuverdienstgrenze

Von zu lange dauernden Auszahlungen in einzelnen Bundesländern, die für eben diese zuständig sind, hat Flüchtlingskoordinator Michael Takacs erst vor kurzem gehört, wie er in seinem wöchentlichen Hintergrundgespräch beteuerte. Er sei in engem Austausch mit den Ländern und versuche, gemeldete Probleme auf kurzem Wege zu klären. Entscheidungsgewalt hat Takacs aber freilich keine, es handle sich bei der Koordination um kein politisches Amt.

Einiges an Gesprächsstoff gebe es aber auch bei der Landesflüchtlingsreferenten-Konferenz, die am Dienstag stattfindet und zu der Takacs eingeladen ist. Er hoffe dabei auch auf eine Lösung, was die Streitfrage Geringfügigkeitgrenze betrifft. Diese soll angehoben werden, um Geflüchteten den Weg über Jobs in die Selbsterhaltung zu ermöglichen. Bisher spießt es sich hier unter anderem am Widerstand Kärntens, wo eine Anhebung auch für Geflüchtete abseits der Ukraine gefordert wird. Takacs betonte erneut, wie wichtig die Mithilfe der Zivilbevölkerung sei, vor allem, was die Unterkunft-Schaffung betrifft. Entsprechende Entschädigungen prüfe man laufend, versicherte er.