Flächendeckend verfügbarer Wasserstoff gilt als Schlüssel im Energieversorgungssystem der Zukunft und einer Automobilität mittels Brennstoffzellen. Ein neues Verfahren zur dezentralen und klimaneutralen Erzeugung von Wasserstoff haben Forscher der Technischen Universität Graz gemeinsam mit dem Grazer Start-Up Rouge H2 entwickelt, teilte die TU Graz am Dienstag mit.

Derzeit wird Wasserstoff vor allem zentral in Großanlagen produziert, und zwar durch die Umwandlung fossiler Rohstoffe. Er muss anschließend energieintensiv komprimiert oder verflüssigt werden, um ihn an Tankstellen und zu den Verbrauchern transportieren zu können. Dann braucht es teure Investitionen, um größere Mengen an Wasserstoff zu speichern. Für die Weiterentwicklung der Elektromobilität wäre allerdings eine kostengünstige, dezentrale Wasserstoffproduktion für die Versorgung der Brennstoffzellen ein wesentlicher Fortschritt.

Das Team der TU Graz um Arbeitsgruppenleiter Viktor Hacker hat im Rahmen des Forschungsprojektes HyStORM (Hydrogen Storage via Oxidation and Reduction of Metals) mit der sogenannten "Chemical-Looping Hydrogen-Methode" ein innovatives Verfahren zur dezentralen und klimaneutralen Wasserstofferzeugung vorgelegt. Dieses mündete nun in einem kompakten System, das Wasserstoff bei Bedarf vor Ort (On-Site-On-Demand-System, OSOD) für Tankstellen und Energieanlagen produziert. Das Konzept geht von dezentralen Dampfreformern vor Ort aus, um Wasserstoff aus kohlenstoffbasierten Rohstoffen zu erzeugen. Entwickelt und vertrieben wird es von Rouge H2 Engineering.

Die Wasserstofferzeugung nach dem Grazer Modell erfolgt durch die Umwandlung von hocherhitztem Biogas, Biomasse oder Erdgas zu einem Synthesegas. Die darin enthaltene Energie wird dann über ein Reduktions-Oxidations-Verfahren in einem Metalloxid gespeichert. Dieses Speichermedium könne laut den Grazer Forschern verlustfrei gelagert und gefahrlos transportiert werden. Die Entladung des Speichers erfolgt durch die Zufuhr von Wasser in das System: Wenn es verdampft, oxidiert das eisenbasierte Material, wobei hochreiner Wasserstoff freigesetzt wird.

Derzeitige konventionelle Verfahren zur Wasserstoffproduktion aus Biogas oder vergaster Biomasse würden aufwendige und kostenintensive Gasreinigungsverfahren benötigen, erklärte Wasserstoff-Forscher Sebastian Bock von der Grazer TU. Er führte beispielsweise die Druckwechsel-Adsorption an - ein Trennverfahren, bei dem der Wasserstoff in mehreren Schritten aus dem Gasgemisch isoliert werden kann. "Das funktioniert in großem Maßstab sehr gut, ist aber schlecht auf kleinere, dezentrale Anlagen skalierbar. Unser Verfahren erzeugt durch den Redox-Zyklus auf Wasserdampfbasis aber ohnehin nur hochreinen Wasserstoff – es ist also gar kein Gasreinigungsschritt mehr notwendig", hob Bock den Vorteil des Prozesses hervor. Das Grazer OSOD-System sei beliebig skalierbar.

Gernot Voitic von Rouge H2 Engineering betonte die bedarfsorientierte Freisetzung und den integrierten Speicher als Alleinstellungsmerkmal der neuen Technologie. "Das OSOD-System kann bei geringer Nachfrage in den Standby-Modus wechseln und die Wasserstoffproduktion jederzeit bei Bedarf wieder aufnehmen", erklärte Voitic. Derzeit wird das System im industriellen Maßstab mit Erdgas betrieben.

Doch die TU Graz und das Unternehmen schmieden schon neue Pläne: Man möchte es auch für Biogas, Biomasse und andere regional verfügbare Rohstoffe nutzbar machen. Biogasanlagen beispielsweise könnten damit zukünftig konkurrenzfähiger werden und statt Strom zusätzlich auch "grünen" Wasserstoff produzieren, der für nachhaltige Mobilitätskonzepte genutzt wird.

Mehr zum Thema