Die Drogeriekette Müller ist in Deutschland schon länger am Radar der dortigen Gewerkschaften. Nun ist das familiengeführte Unternehmen auch in Österreich ins Visier der Arbeitnehmervertreter geraten. Die Vorwürfe wiegen schwer: Müller soll eine Beschäftigte in Wien gekündigt haben, weil sie einen Betriebsrat gründen wollte. Das Unternehmen hat sich bisher auf APA-Anfrage dazu nicht geäußert.

"Hier wird das Arbeitsrecht mit Füßen getreten. Wir haben das Gespräch gesucht, aber das Unternehmen hat uns die Tür zugeschlagen und uns signalisiert, wir sollen uns über die Häuser haun", polterte der Vorsitzende der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-djp), Wolfgang Katzian, am Donnerstag bei einem Pressegespräch in Wien. An seiner Seite die Betroffene Özlem Bakiray, die seit September 2015 als Verkäuferin in einer Müller-Filiale in Wien Floridsdorf beschäftigt war.

Da "nicht alle mit allem zufrieden waren", wollte sie einen Betriebsrat gründen, erzählte Bakiray. Weder in Österreich noch in Deutschland gibt es bis dato einen Betriebsrat bei Müller. Seitens der Kolleginnen habe Bakiray viel Unterstützung für ihr Vorhaben erhalten, wenngleich viele Angst hatten, so die 33-Jährige. "Sie hatten Angst um ihren Arbeitsplatz."

Gewerkschaft wusste bescheid

Die Gewerkschaft GPA wusste von der Absicht, bei Müller eine Betriebsratswahl initiieren zu wollen. Anfang des Jahres habe es ein Gespräch mit dem nationalen sowie internationalen Verkaufsleiter gegeben, wo das zur Sprache kam, schilderte die Wiener GPA-Regionalgeschäftsführerin Barbara Teiber. "Das Klima war nicht unfreundlich, aber die ablehnende Haltung des Managements gegenüber einem Betriebsrat ist offensichtlich geworden", so Teiber. Auch sei kein Hehl daraus gemacht worden, dass ein Betriebsrat für Firmeninhaber Müller ein "No-Go" sei.

Auch die Marktleiterin wurde aktiv. "Als die Marktleiterin mitbekommen hat, dass ich einen Betriebsrat gründen will, wurde ich ins Büro gerufen. Mir wurde mitgeteilt, dass sie das nicht will und dass das Unternehmen das nicht will. Ich solle damit aufhören", sagte Bakiray. Am 21. Jänner sei sie zehn Minuten vor Dienstschluss ohne Angabe von Gründen gekündigt und vom Dienst freigestellt worden. Dabei sei sie vorher immer gelobt worden, dass sie eine der besten Verkäuferinnen sei, erzählte Bakiray.

Als die Gewerkschaft Müller mit der Kündigung konfrontierte, sei ihr mitgeteilt worden, dass die Kündigung nichts mit der Absicht von Frau Bakiray zu tun habe, einen Betriebsrat gründen zu wollen, sondern damit, dass ab Mitte März bei einer anderen Kollegin die Stunden aufgestockt würden, weshalb man sie nicht mehr brauche. Müller beschäftigt in Österreich laut Gewerkschaft je Filiale zwischen 80 und 100 Mitarbeiterinnen. Die meisten davon arbeiten Teilzeit. Die Kette verfügt hierzulande über 75 Geschäfte.

Anfechtung angekündigt

Die Gewerkschaft geht gegen die Kündigung rechtlich vor und hat bereits eine Anfechtung wegen verpönten Motivs beim Arbeits- und Sozialgericht eingebracht, so Katzian. In Österreich sei das Recht, einen Betriebsrat wählen zu dürfen, gesetzlich verankert. Bei Müller werde ein "Klima der Angst" erzeugt. "Und die unausgesprochene Botschaft ist, wenn du dich für deine Rechte einsetzt, dann geht's dir so wie der Frau Bakiray. Also hoits liaba die Goschn und mocht's die Dinge so, wie wir das vorschreiben", fand Katzian deutliche Worte. Bakiray will übrigens trotz allem ihren Job zurück.

Ab nächster Woche will die Gewerkschaft alle Müller-Beschäftigten in Österreich zum Arbeitsklima und ihren Arbeitsbedingungen befragen. Schon länger gebe es Probleme bei der Einsatzplanung und mit Arbeitszeitüberschreitungen. Beschäftigte würden vielfach zu kurzfristig erfahren, wann sie überhaupt arbeiten müssten, was die private und familiäre Planung erschwere.