In einer Villa am Gelände der Wirtschaftskammer Steiermark ist das Internationalisierungscenter angesiedelt. Wer ins Ausland expandieren will, bekommt hier Unterstützung – auch von den Außenhandelsdelegierten Ulrike Straka und Rudolf Lukavsky. Sie fungieren als Österreichs Lobbyisten in Bulgarien und Rumänien – wichtige Märkte für heimische Betriebe.

Mit 43 Punkten beim Korruptionsindex sind Bulgarien und Rumänien weit hinter Österreich. Wenn ich eine Million Euro investieren will, wie viel Schmiergeld muss ich zur Seite legen?

ULRIKE STRAKA: Schwer zu sagen. Bei der Vergabe von Regierungsaufträgen im Baubereich wurden bulgarische Firmen in der letzten Zeit bevorzugt, die politisch gut vernetzt sind. Trotzdem haben österreichische Firmen in vielen Bereichen Chancen.

RUDOLF LUKAVSKY: Korruption war und ist ein großes Thema in Rumänien. Es wird in den vergangenen zwei Jahren auch ernsthaft angegangen. Kein Politiker, kein Bürgermeister, der inKorruption involviert war, ist mehr sicher.

STRAKA: In Rumänien kommen Dinge ans Licht und in Bulgarien hat man das Gefühl, dass nichts passiert.

2014 hätten Rumänien und Bulgarien dem Schengenraum beitreten sollen. Das ist am Widerstand einiger EU-Staaten gescheitert. Wann sind die Länder so weit?

STRAKA: In Bulgarien scheiterte der Schengenbeitritt an schleppenden Reformen. Der neue Justizminister hat das nun in Angriff genommen. Eine Justizreform ist am Weg.
LUKAVSKY: Man sollte das Thema Schengen nicht überbewerten sollte. Hier geht es um andere politische Fragen.

Geht es um die Furcht vor Arbeitsmigration?

LUKAVSKY: Die geschieht schon ganz legal. Es gibt den freien Warenverkehr, freien Personenverkehr und Arbeitsfreizügigkeit.

Gut ausgebildete junge Menschen versuchen in Westeuropa einen Job zu bekommen. Gibt es einen Fachkräftemangel?

STRAKA: Die Bulgaren sind in der Regel sehr gut ausgebildet. Manche Firmen finden aber kaum qualifiziertes Personal. Das hängt mit der Abwanderung zusammen und mit der geografischen Lage der Betriebe.

LUKAVSKY: Migration ist für Rumänien auch eine Chance. Auslandsrumänen überweisen Geld an ihre Familien. Ohne diesen Zuwendungen wären viele Menschen nicht in der Lage, auf eigenen Beinen zu stehen – vor allem in ländlichen Regionen. Auf der anderen Seite fehlen dem Land qualifizierte Arbeitskräfte. Ein Arzt in einem staatlichen Spital verdient rund 300 Euro. Wenn er Deutsch kann, hat er in Österreich oder Deutschland ganz andere Möglichkeiten. Der Pflegebereich wäre in Österreich ohne rumänische und bulgarische Arbeitskräfte nicht aufrechtzuerhalten. Diese Personen fehlen dann in Rumänien.

In beiden Ländern gibt es eine große Roma-Minderheit. Spielt das eine Rolle, wenn man sich als Betrieb dort ansiedelt?

STRAKA: Das wird nicht stark thematisiert. Im öffentlichen Bereich sind Roma beim Putzen sichtbar. Sie werden als kommunale Putzdienste eingesetzt.

LUKAVSKY: In Rumänien ist das ähnlich, allerdings verbunden mit Sozialleistungen. Wer Sozialleistungen empfängt, muss kommunale Dienstleistungen erbringen. Viele der Roma sind arbeitslos, Sie sind nicht integriert. Rumänien versucht die Roma-Thematik auf europäischer Ebene zu lösen. Inzwischen leben Roma nicht nur in Rumänien, sondern in Italien, Frankreich und Deutschland – wo sie immer häufiger zum Problem werden.

Österreich ist in beiden Ländern beim Investitionsvolumen auf Platz zwei. Welche Großprojekte gab es in den vergangenen Jahren?

STRAKA: In Punkto Arbeitsplätze ist Österreich sogar an erster Stelle. Es wurden an die 5,5 Milliarden Euro investiert. In den letzten zwei Jahren sind die Zuflüsse aber stark zurückgegangen. Die Österreichische Post hat ihre Investition in ein Kurier-Unternehmen aufgestockt. Bulgarien war zu Sowjetzeiten der IT-Hub und hat seit langem gute Mathematiker und Programmierer. Da gibt es Interesse von österreichischen Firmen.

LUKAVSKY: In Rumänien sind die Investitionen aus Österreich höher denn je. Ende 2013 waren es 11,4 Milliarden Euro. Die wichtigsten Branchen in Rumänien sind Alternativenergie, Holz und der Energiesektor. Hier ist die OMV mit ihrer Beteiligung an Petrom sehr gut unterwegs.

Bis 2020 stehen mehrere Milliarden Euro aus EU-Fördertöpfen zur Verfügung. Für welche Branchen sind die Länder interessant?

LUKAVSKY: Der Schwerpunkt liegt auf Infrastruktur. Das bedeutet Projekte in den Bereichen Straße, Abfall, Abwasser oder Schiene.

STRAKA: In Bulgarien sind die wichtigsten Programme Verkehrsinfrastruktur, Umwelt, Regionalentwicklung und Steigerung der Konkurrenzfähigkeit.

INTERVIEW: ROMAN VILGUT