Es war gewissermaßen ein verspätetes Hochzeitsgeschenk, als Kurt Novak und seine Frau Susanne am 1. September 2009, genau zwei Jahre nach ihrer Trauung, die Zusage bekamen, mitten in St. Pölten ein Grundstück kaufen zu können. „Wir arbeiten beide in der Stadt und wollten beruflich nicht auf ein Auto angewiesen sein“, erzählt der Hausherr. Per Anschreiben von Grundeigentümern nahe dem Stadtzentrum hatte man sich also auf die Suche nach einem geeigneten Grundstück in Gehweite zur Arbeit gemacht. Das Grundstück, das sich schließlich fand, war allerdings eine Herausforderung: „Südlage, eine ruhige Straße mit altem Baumbestand“, schildert Novak die Pluspunkte. „Es sind aber nur 700 Quadratmeter, wir grenzen direkt an eine vier Meter hohe, denkmalgeschützte Parkmauer und rundherum stehen Villen aus den Jahren 1880 bis 1930, die teilweise Stile aus anderen Epochen kopiert haben.“

Die geschlossene Straßenseite mit der durchbrochenen Sockelzone
Die geschlossene Straßenseite mit der durchbrochenen Sockelzone © FRANZ EBNER

Die Wünsche der Familie waren klar: „Wir wollten besonders helle, transparente Räume, einen großen Bereich für das Familienleben, das uns mit drei Kindern besonders wichtig ist, gleichzeitig aber Rückzugsmöglichkeiten wie einen eigenen Mediaraum, weil wir keinen Fernseher oder Computer im Wohnraum haben möchten“, erzählt der Bauherr. Dass sich besagtes Wohnen mit viel Licht nur im ersten Stock und nicht im Parterre mit Blick auf die Mauer verwirklichen ließ, war von Anfang an klar. Auf die L-Form des Gebäudes kam die Familie auch rasch, weil die Wohnräume möglichst nach Südwesten hin ausgerichtet sein sollten, um vor allem nachmittags und abends noch möglichst viel Licht zu bieten. Formal wollte man zwar ein modernes Haus, aber keinesfalls ein „schreierisch Trendiges“.

Grundriss erstes Obergeschoß
Grundriss erstes Obergeschoß © SplusN

Bei einem Urlaub in Tirol begeisterte die Familie die Architektur der Therme Längenfeld, ein Entwurf des Architekturbüros SplusN. „Das führte uns direkt zum Architekten Markus Nußbaumer“, erzählt der Bauherr vom Beginn einer Zusammenarbeit, aus der schließlich eine Freundschaft wurde. Nußbaumer schneiderte seinen Auftraggebern in knapp einjähriger Planungsarbeit das perfekte Einfamilienhaus für ihr nicht ganz einfaches Grundstück in St. Pölten auf den Leib.

Grundriss Erdgschoß
Grundriss Erdgschoß © SplusN

Der Grundriss ist L-förmig um einen hofartigen Innenbereich mit Pool angelegt. Das Erdgeschoß ist im Gegensatz zum klassischen Einfamilienhaus-Typus nicht geschlossen, sondern offen gehalten, um Durchblicke und Durchgänge in den Garten zu erlauben. „Wir haben ganz bewusst auf die klassische Einfriedung des Hauses an der Nordseite zum öffentlichen Gehsteig hin verzichtet“, sagt der Architekt. Im Erdgeschoß befindet sich eine Einliegerwohnung, die demnächst wohl zum „Kinderzimmer“ der ältesten Tochter des Hauses wird.

Grundriss zweites Obergeschoß
Grundriss zweites Obergeschoß © SplusN

Das Familienleben findet im ersten Stock mit dem großen, offenen Wohnraum mit 14 Meter langer Glasfront zum Innenhof hin statt. Eine Etage darüber sind die Schlafräume (samt Bädern) der Familie untergebracht. Wenn das Flugdach über der uneinsichtigen Terrasse im Dachgeschoß wie geplant demnächst zuwächst, sitzt man hier wie in einer Laube. Die Fassadengestaltung greift die Gestalt der Auster auf, wie Nußbaumer betont: „Die öffentliche Nord- und Ostseite mit der vorgehängten Alu-Fassade umklammert schützend die privaten Bereiche der in weiß gehaltenen Süd- und Westfassade. Das ergibt ein Wechselspiel zwischen umklammernden Fassaden und aufgerissener Sockelzone.“ Mit seinen Rundungen und Schrägseiten nimmt sich das Gebäude optisch bewusst zurück, dreht sich ins Grundstück hinein und erhält gewissermaßen Schwung.