Rund 25 Jahre lang rückten Helga und Adolf Wutte in ihrer Küche zusammen, um hier gemeinsam mit ihren Kindern bis zu 20 Gäste mit Wein und Brettljause zu bewirten. Als eine der letzten „Kuchl-Buschenschenken“ war der Betrieb der Wuttes im südsteirischen Fresing am Fuße von Kitzeck schon vor dem Neubau etwas Besonderes. Als Jungwinzer Mario Wutte und seine Frau Eva hier 2007 das Ruder übernahmen, war es freilich Zeit für ein paar Veränderungen. Nach und nach wurden Kelleranlage, Wirtschaftsgebäude und Hofbereich saniert. Beim Elternhaus samt Buschenschank war es etwas komplizierter. „Das mehr als 100 Jahre alte Gebäude war zwar sehr gemütlich, wir hätten fürs Renovieren aber so viel Geld in die Hand nehmen müssen, dass es einfach nicht dafürstand“, sagt die Hausherrin.

Nach zwei Jahren Bedenk- und Planungszeit für einen Neubau hatten die Wuttes mehrere Handskizzen für mehr oder minder „ganz normale“ neue Häuser mit Flachdach in der Hand, waren damit aber nicht wirklich zufrieden. „Uns wurde bewusst, dass wir mitten in einer Kurve liegen, wo wir leicht übersehen werden“, erklärt der Hausherr den Entschluss für eine „auffällige Bauweise“, für ein Gebäude, das die Blicke auf sich zieht.
Auf der Suche nach dem richtigen Planer für dieses Haus kamen die Wuttes auf den oberösterreichischen Gastro-Architektur-Spezialisten Markus Spitzbart. „Wir haben einfach gedacht, wir probieren’s und haben ihn loszeichnen lassen“, sagt Eva Wutte.

Mario und Eva Wutte mit ihrer Tocher Selina, im Hintergrund Oma Wutte, vor dem neuen Haus
Mario und Eva Wutte mit ihrer Tocher Selina, im Hintergrund Oma Wutte, vor dem neuen Haus © (c) Oliver Wolf Foto GmbH

Spitzbart setzte mit seinem Entwurf mit steilem Satteldach auf die traditionelle Bauweise, hob die Grenzen zwischen Baukörper und Dach optisch allerdings auf. Mit einer Hülle aus einem Guss präsentiert sich das Haus als Dach in der Landschaft – von oben bis unten schindelartig gedeckt. Was auf den ersten Blick wie Lärchenholz wirkt, entpuppt sich bei näherer Betrachtung allerdings als eckiger, rauer, weiß-grau-antik gefärbter Dachziegel, von dem hier drei verschiedene Formate verlegt wurden. Damit entsteht der Eindruck einer natürlichen Struktur und Patina. Dank dieser Oberfläche konnten sich die Wuttes schließlich auch vorbehaltlos für Spitzbarts Entwurf begeistern. „Der erste Vorschlag war eine Blechfassade, da haben wir uns aber nicht drübergetraut“, sagt der Bauherr. Den Entwurf eine Zeit lang liegen und wirken zu lassen und nach Alternativen für die Fassade zu suchen, hat sich für die Familie also ausgezahlt. Auch Oma Wutte, für die im Neubau eine Wohnung mitgeplant wurde, gab schließlich ihr Okay.

Die Familie setzte auch beim Innenraumkonzept auf ihren Planer und richtete komplett mit Spitzbart-Design ein.
Der neue Buschenschank empfängt seine Gäste zufahrtseitig dank komplett verglaster Giebelfront mit offenen Armen, spart innen aber nicht mit Rückendeckung. Die Wandverkleidung aus Lärchenholz, eine Theke aus massiver Eiche, Bänke, Stühle und Tische sind Zitate aus der guten alten Wirtshauskultur, verlieren unter diesem Dach aber Schwere und Rustikalität. Die Bilder an der Wand stammen aus dem Familienalbum der Wuttes und knüpfen auf charmante Weise an die Vergangenheit an. Die Zukunft hat hiermit begonnen.