Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. Wer sich dabei nicht sinnlos im Kreis drehen will, sollte allerdings seine Wurzeln kennen.

Das renovierte Kellerstöckl, dahinter das moderne Wohnhaus der Familie.
Das renovierte Kellerstöckl, dahinter das moderne Wohnhaus der Familie. © (c) Florian Mair

Die Wurzeln des Weinbaubetriebs Frühwirth im südoststeirischen Klöch haben viel mit dem alten Kellerstöckl aus dem Jahr 1902 zu tun, das lange Zeit im Hinterhof des Anwesens im Dämmerschlaf lag, während rundherum eifrig aus- und umgebaut und modernisiert wurde.

Das Kellerstöckl vor dem Umbau.
Das Kellerstöckl vor dem Umbau. © Kk
Und hier wird schon tüchtig umgebaut.
Und hier wird schon tüchtig umgebaut. © Kk

1957 begann der Großvater von Fritz Frühwirth mit dem Buschenschankbetrieb, der zuletzt 2003 umgebaut wurde, als ein neuer Kostraum hinzukam. 2007 setzten Fritz Frühwirth und seine Frau Lisa mit ihrem neuen Wohnhaus im Weingarten direkt über dem Stammhaus einen markanten Wegweiser in Sachen WeinBau: Das Architekturbüro Wemmers-Skacel plante für die vierköpfige Familie gewissermaßen eine schnörkellose, wohnliche Aussichtsplattform mit holzverkleideter Schlafbox als Obergeschoß. Als die Frühwirths vor drei Jahren wieder einen Umbau ihres Betriebes ins Auge fassten, war die große Frage folglich, wie die Verbindung zwischen Tradition und Moderne baulich am besten zu schaffen sei.

Eine neue Bühne für den Wein - zwischen alter Buschenschank und renoviertem Kellerstöckl
Eine neue Bühne für den Wein - zwischen alter Buschenschank und renoviertem Kellerstöckl © (c) Florian Mair

Frühwirth entschloss sich 2013 gemeinsam mit seinen Eltern für einen Architekturwettbewerb. Fünf Planer wurden dabei eingeladen, ihre Ideen für eine neue Präsentationsfläche für Wein vorzulegen. "Es ging uns gleichzeitig darum, einen barrierefreien Eingang zu schaffen - vorher ging es über eine steile Treppe mit 18 Stufen in die Buschenschank - und neue Sanitärräume zu bekommen", sagt der Bauherr. Welche Rolle dabei das alte Kellerstöckl bzw. Presshaus spielen sollte, wusste er damals noch nicht. Umso besser gefiel ihm von Anfang an Michael Maiers Entwurf für eine Art Weintheater, das als transparenter Baukörper das alte Kellerstöckl mit der Buschenschank verbindet und dabei den Haupteingang von vorne in den ehemaligen Hinterhof verlegt, wo es vor einem Jahr eigentlich nur Schatten gab.

Eine Bretterlandschaft breitet sich wie ein Teppich zwischen drinnen und draußen aus.
Eine Bretterlandschaft breitet sich wie ein Teppich zwischen drinnen und draußen aus. © (c) Florian Mair

Jetzt dominiert hier das Licht mit allen Nuancen. Maier spannte gewissermaßen ein gläsernes Weinblatt über eine Treppe in den Weingarten: Das Traggerüst für das Glasdach zeichnet die Adern eines Weinblattes nach. Auf dem Boden wurde eine Bretterlandschaft aus Eiche wie ein Teppich von innen nach außen verlegt. Mittendrin bildet ein Holzstapel den Tresen. Verschieden starke Bretter geben dabei einen neuen Rhythmus vor, in dem das alte Lied von der Eichenholz-Theke durchaus noch vertraut anklingt.

Ein Juwel in dieser Spange zwischen Alt und Neu ist das alte Kellerstöckl, das nach den Plänen Maiers zum Schmuckstück aufpoliert wurde. Das ehemalige Presshaus ist jetzt museale Stube, die die Geschichte der Frühwirths erzählt. Hier wird die alte Baumpresse der Frühwirths, die schon mehr als 100 Jahre auf dem Buckel hat, liebevoll in Szene gesetzt. Abends steht sie dann dank extragroßem Fenster zur Straße hin sogar in der Auslage.

Das ehemalige Presshaus wurde zum Schmuckstück
Das ehemalige Presshaus wurde zum Schmuckstück © (c) Florian Mair

Gleich unter der guten Stube zeigt sich jetzt der alte Weinkeller von Frühwirths Urgroßvater von seiner schönsten Seite. Der Gewölbekeller, der zum Teil aus massivem Stein herausgearbeitet ist, wurde von alten Putzschichten befreit und bekam einen neuen Sandsteinboden. Hier bietet sich nun der perfekte Raum für das Weinarchiv des Hausherrn, für das Michael Maier Weinschränke aus Glas und Holz entwarf, die von zwei Seiten befüllbar sind. Die Grenzen zwischen Regal und Lichtobjekt sind in diesem Konzept übrigens immer fließend. "Die Schatten sind dabei genauso wichtig wie das Licht", ergänzt der Planer. Wie im Theater eben.