Schanghai, Chinas wichtigste Finanz- und Wirtschaftsmetropole, betraut einen 56-jährigen Steirer mit einer Mission von nationaler Bedeutung: Die Stadtregierung und der größte chinesische Hotelbetreiber, die Jin-Jiang-Gruppe, engagierten den Grazer Manager Maximilian Pleyer als Generaldirektor des künftig höchsten Hotels der Welt, des J-Hotels im Shanghai Tower. Er soll mit dem prestigeträchtigen Rekordprojekt dazu beitragen, die Vormacht der US-dominierten Weltmarktführer wie Hilton, Intercontinental und Marriott zu brechen und die chinesische Kette von Platz fünf in die Top drei zu katapultieren. Ziel Chinas ist die Eroberung der Welt-Hotellerie. Für Pleyer ist es der Höhepunkt seiner Karriere und „eine Chance, die man nur einmal im Leben erhält“.

632 Meter hoher Turm

Der Shanghai Tower ist das neue gläserne Wahrzeichen der 16-Millionen-Metropole, Sinnbild für das moderne, rasant wachsende China und seinen globalen Geltungsanspruch. Das Reich der Mitte will Reich der Spitze sein. Es will nicht mehr von Unkundigen als Kopiermaschine oder Werkbank missverstanden werden, sondern selbst Maßstäbe setzen. Die steirische Delegation aus Politik und Wirtschaft begegnet diesem radikalen Schwenk im Selbstverständnis auf Schritt und Tritt und fragt sich zweifelnd, ob das erschöpfte Europa eine Antwort finden wird.
Der Turm ist mit 632 Metern das höchste Gebäude Chinas und das zweitgrößte weltweit. Es besteht aus neun übereinandergestapelten Zylindern, die von einer gläsernen Doppelhaut eingefasst sind. Die äußere dreht sich spiralenförmig nach oben. Die Drehung mindert die Windstöße und sammelt Regenwasser für Klimaanlage und Heizung. Zwischen innerer und äußerer Hülle entstehen öffentlich begehbare Hallengärten.

Shanghai Tower
Shanghai Tower © Patterer

Noch vor zwanzig Jahren waren auf der Halbinsel, dort, wo sich jetzt die Wolkenkratzer in den Dunsthimmel bohren, Reisfelder. Aus dem Sumpf wurde ein glitzerndes Ebenbild Manhattans. Im atemlosen Zeitraffer zeichnet eine einminütige Video-Show beim Eingang zum Tower die Wandlung nach. Von der Aussichtsplattform wirken die kleinen Miethäuser, die man den Bauern als Entschädigung hinstellte, erkennbar an den blauen Dächern, wie Monopoly-Miniaturen. Die umgesiedelten Familien leben hier in Einzimmerwohnungen und sparen ein Leben lang für ein Stück Eigentum draußen an der Peripherie.
Die 258 Zimmer im J-Hotel zwischen Etage 84 und 110 werden 68 Quadratmeter groß sein und keine Wünsche offenlassen. Alles soll einen Rekord oder Superlativ hergeben, bis hin zum Hightech-Fahrstuhl, der die Gäste in 18 Metern pro Sekunde in die Lobby im 101. Stockwerk befördern wird. Wenn das Hotel im Herbst nächsten Jahres zur großen Eröffnung lädt, wird es das weltweit höchste Luxushotel der Welt sein und die Armani-Herberge im Burj Khalifa in Dubai messbar unter sich lassen.

Über den Dächern von Schanghai

Maximilian Pleyer wird dann buchstäblich am Höhepunkt seiner Karriere angelangt sein. Sie hat etwas unwirklich Märchenhaftes wie das neue Himmelszelt über den Dächern von Schanghai. Die Laufbahn: ein inspirierendes Lehrstück über die Möglichkeiten, die das Leben bereithält. Pleyer absolvierte als Heranwachsender in der Berufsschule Gleichenberg die Lehre als Koch. Im „Bahnhofsresti“ in Graz, wie er die Einstiegsluke nannte, lernte er Hitze und Härten des Berufs kennen, Prüfungen, ohne die es kein Emporträumen und Emporklettern gibt. Erst sie öffneten den Weg für die mondänen Gegenwelten: Montreux, St. Moritz, Bali, Malaysia. Irgendwann wollte Pleyer raus aus der Küche und dem Nirosta, um Neues zu lernen. In der Managementschule im französischen Reims erwarb er den MBA. Als Hoteldirektor durchlief er alle großen Ketten, ehe sich der vielsprachige Steirer auf den asiatischen Markt konzentrierte und in den aufstrebenden Städten Chinas Leitbetriebe aufbaute. Zuletzt arbeitete Pleyer als Geschäftsführer im Jumeirah Himalayas Hotel in Schanghai, als plötzlich der ultimative Gipfel sich auftat.
Auf der Netzwerk-Plattform LinkedIn sind Grundsätze seines Denkens nachzulesen. Pleyer zitiert Konfuzius und erzählt, dass er bei Menschen heute weniger darauf achte, was jemand redet, sondern was jemand tut.

Julia Zotter
Julia Zotter © land steiermark

Beim Empfang der steirischen Wirtschaftsdelegation, versüßt von Schanghai-Geschäftsführerin Julia Zotter, traf Pleyer einen Jugendfreund wieder, den jetzigen Direktor der Landesberufsschule Gleichenberg, Josef Schellnegger. Der internationale Hotelmanager schätzt die duale Ausbildung und die Qualität des Standortes, an dem alles begann. Immer wieder lädt er junge Absolventen zu sich und vermittelt ihnen Wissen und Internationalität. Von wem er selbst am meisten gelernt hat? Pleyer: „Von der Tatkraft und Hingabe meiner Mutter in Graz.“ Sie betrieb die letzte Kunststopferei der Stadt.